Liebe Brüder und Schwestern in Christus!
Engel sind wieder modern geworden, überall begegnen sie uns. Neulich habe ich in einem Schreibwarenladen mal nachgezählt: Da gab es nicht weniger als 14 verschiedene Geburtstagskarten mit Engelbildern zu kaufen, und fünf verschiedene Wandkalender mit Engelbildern! Im Geschenkartikelladen gleich nebenan sah ich Engelfiguren in den verschiedensten Größen und Ausführungen. Auch eine sogenannte „Schutzengel-Tasse“ gab es da zu kaufen. (Ich weiß eigentlich gar nicht, wozu eine Schutzengel-Tasse gut sein soll: Soll der Engel einen davor beschützen, die Tasse aus Versehen kaputt zu machen?)
Hinter dem Engel-Boom steckt die Sehnsucht nach Schutz und Führung in einer unsicheren und komplizierten Welt. Wer beschützt mich? Hoffentlich ein Schutzengel! Wer sagt mir, wo es lang geht? Hoffentlich ein Führungsengel! Aber Vorsicht: Allzu schnell werden die niedlichen und lustigen Engelfiguren, die jetzt allerorten angeboten werden, zu Verführungsengeln. Die Esoterik verbreitet Lehren über Führungsengel, die nicht in Einklang mit der Bibel stehen. Und viele Menschen sehen in Engelfiguren einfach nur kleine Glücksbringer, Talismane, eine Alternative zum Hufeisen oder zum vierblättrigen Kleeblatt. Es ist dann nur noch ein kleiner Schritt zum Götzendienst – wenn man nämlich einer Engelfigur vertraut, aber gar nicht weiß, was wirkliche Engel sind und wem sie dienen.
Im ersten Kapitel des Hebräerbriefes bekommen wir nun eine wesentliche Information über die wahren Engel. Da wird an das Psalmwort erinnert: „Gott macht seine Engel zu Winden und seine Diener zu Feuerflammen.“ Engel sind wie Stürme, Engel sind wie Feuer! Es handelt sich also nicht um niedliche oder komische kleine Wesen, es sind keine Elfen und Kobolde, sondern es sind machtvolle Kreaturen Gottes, so mächtig wie die stärksten Naturgewalten. Zwar sind Engel Geistwesen und können von daher ihre Gestalt beliebig verändern, sie können unsichtbar bleiben oder als Männer in weißen Kleidern auftreten; insofern könnten sie ebensogut auch als Frauen oder Kinder erscheinen, wiewohl dafür keine Beispiele bekannt sind. Aber unabhängig von ihrer Gestalt sind es Machtwesen, weit mächtiger als alle Menschen, eben mächtig wie Wirbelstürme und Feuersbrünste. Im 97. Psalm werden sie sogar „Götter“ genannt, jedenfalls steht das so in der deutschen Übersetzung: „Betet ihn an, alle Götter!“ Nun gibt es allerdings nur einen richtigen Gott, von daher sollte man lieber übersetzen: „Betet ihn an, alle Geistwesen!“, oder, wie es in unserem Hebräertext gemacht wurde: „Es sollen ihn alle Engel anbeten“.
Und da erfahren wir auch schon etwas über den Lebenszweck der Engel: Sie sollen Gott anbeten. Sie umgeben Gott in seinem ewigen Reich und loben ihn. Sie bilden den königlichen Chor und das königliche Orchester im Thronsaal des höchsten Königs. Außerdem sind sie Gottes Botschafter. „Engel“ ist eigentlich ein Lehnwort aus dem Griechischen und bedeutet „Bote“. Immer wieder berichtet die Bibel davon, wie Gott Engel mit Botschaften zu uns Menschen geschickt hat. Und schließlich sind die Engel Gottes „Diener“, so heißt es auch hier in unserem Predigttext. Das bedeutet: Die Engel führen Gottes Willen aus. Und weil Gott uns Menschen beschützen und leiten will, setzt er unter anderem auch dafür seine Engel ein. Ja, so können wir in rechter Weise an die Engel denken und uns über ihr Dasein freuen: Im Auftrag des Allmächtigen sind die mächtigen Engel um uns herum, behüten uns und leiten uns nach seinem Willen. Jedenfalls, soweit die Engel sich Gott unterordnen und von ihm senden lassen. Es gibt nämlich leider auch eine Gruppe Engel, die Gott den Gehorsam aufgekündigt hat, und auch diese Engel sind mächtig wie Sturm und Feuer. Sie dienen Gott nicht, sondern sie arbeiten gegen ihn. „Böse Geister“ werden diese Engel auch genannt, und ihr Anführer heißt „Satan“.
Die entscheidende Aussage im ersten Kapitel des Hebräerbriefs ist aber folgende: Gottes Sohn Jesus Christus ist noch mächtiger als die mächtigen Engel (und damit, so erkennen wir mit Freuden, auch mächtiger als der Teufel und alle bösen Geister). Die Engel sind Diener (oder sollen es zumindes sein), der Gottessohn ist Herrscher. „Mir ist gegeben alle Gewalt, alle Macht, alle Herrschaft im Himmel und auf Erden“ (Matth. 28,18), so hat es Jesus von sich selbst gesagt. Dasselbe ist gemeint mit den Worten, die wir immer wieder im Glaubensbekenntnis sprechen und die in unserem Predigttext zweimal anklingen: Christus hat sich zur Rechten Gottes gesetzt. Für uns heute ist das nicht auf Anhieb verständlich, aber in biblischer Zeit, als in allen Völkern Könige regierten, war das klar: Wenn ein König alt geworden war, übertrug er oft schon zu Lebzeiten seinem ältesten Sohn, dem Kronprinzen, alle Regierungsgewalt. Der alte König saß dann zwar noch auf seinem Thron (sozusagen als Ehrenvorsitzender des Staates), aber rechts neben ihm saß auf einem zweiten Thron der Prinzregent und führte alle Regierungsgeschäfte; er hatte alle Macht. Ebenso, macht uns der Hebräerbrief deutlich, ist nun der Sohn Gottes gewissermaßen Gottes Prinzregent. Die Engel sind Diener, Gott ist der Herrscher, dem Sohn Gottes aber ist alle göttliche Herrschaft übertragen worden. Wir lesen: „Gott hat ihn zum Erben gesetzt über alles.“Die Engel sind mächtig, Gott aber ist allmächtig, und Jesus Christus hat Teil an dieser göttlichen Allmacht. Wir lesen: „Durch ihn hat Gott die ganze Welt gemacht. Er ist der Abglanz seiner Herrlichkeit und das Ebenbild seines Wesens und trägt alle Dinge mit seinem kräftigen Wort.“ Die Engel beten an, Gott aber wird angebetet, und mit ihm sein Sohn Jesus Christus. Wir lesen: „Ihn sollen alle Engel Gottes anbeten.“
Das Heer der Engel ist Gottes große und mächtige Dienerschar, in sich stukturiert und organisiert wird eine perfekte Armee, wie der Mitarbeiterstab eines gut funktionierenden Großunternehmens. Da gibt es Oberengel und Unterengel, Generäle, Minister, Botschafter, Offiziere und Kampftruppen. „Herr Zebaoth“ wird Gott daher auch genannt, „Herr der Heerscharen“. Jesus Christus ist dieser Herr Zebaoth. Darum haben wir Gewissheit: Weil wir zu Jesus gehören, dienen die Engel auch uns, beschützen und führen uns, setzen ihre große Macht ein uns zugute. Das ist nicht bloß eine fromme Hoffnung, sondern darauf können wir uns verlassen, weil wir zu Jesus gehören. Der Schlüsselsatz in diesem Kapitel lautet: „Christus hat vollbracht die Reinigung von den Sünden.“ Weil er uns erlöst und von Sünden gereinigt hat, sind wir selbst zu Königskindern geworden, die mit Jesus zusammen in Ewigkeit leben dürfen. Er ist unser Bruder geworden, und damit sind seine Diener, nämlich die Engel, auch unsere Diener. Was für ein großes, unverdientes Vorrecht! Was für eine wunderbare gute Nachricht – viel größer und wunderbarer als das Klammern an irgendwelche niedlichen Engelfiguren und die Hoffnung, dass die einem Gutes tun und Glück bringen werden. Und das Beste: Diese gute Nachricht von Jesus Christus nimmt Gott nicht mehr zurück, es ist sein letztes Wort in alle Ewigkeit! Wie heißt es doch ganz zu Anfang im Hebräerbrief? „Nachdem Gott vorzeiten vielfach und auf vielerlei Weise geredet hat zu den Vätern durch die Propheten, hat er in diesen letzten Tagen zu uns geredet durch den Sohn.“ Amen.
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