Christsein als Beruf

Predigt über Epheser 4,1 zum 17. Sonntag nach Trinitatis

Liebe Brüder und Schwestern in Christus!

Ihren Beruf wählen sich die meisten Menschen selbst. Zumindest sollte das so sein. Selbst in Zeiten knapper Lehrstellen sollten junge Menschen wählen können, ob sie Tischler oder Konditorin, Finanz­beamter oder Lehrerin, Arzt oder Schau­spielerin werden. Daran zeigt sich, dass das Wort „Beruf“ seine ur­sprüngliche Bedeutung geändert hat. Ur­sprünglich bedeutete „Beruf“ nämlich „Berufung“. Da suchte man sich seinen Platz im Leben und seine Tätigkeit nicht selbst aus, sondern andere beriefen einen, und man folgte diesem Ruf. Bei manchen Berufen ist das noch heute so. Universitäts­professoren zum Beispiel werden noch heute berufen, oder auch Bot­schafter. Und natürlich Pastoren, denn die sind ja quasi auch Bot­schafter, nämlich Botschafter des Herrn Jesus Christus. Ja, bei Profes­soren, Bot­schaftern und Pastoren hängt der Beruf tatsächlich noch mit einer Berufung zusammen, und das gibt diesen Berufen eine besondere Würde. Wegen dieser Würde wird die Berufs­bezeichnung dann zum Titel: „Herr Professor“, „Herr Bot­schafter“ oder auch „Herr Pastor“. Es geht dabei gar nicht darum, ob dieser Mensch nun in seinem Verhalten eine besondere Würde an den Tag legt oder gar besondere Ehre verdient hat, es geht einfach um das Amt, das ihm per Berufung übertragen ist und in dem er nicht für sich selbst handelt, sondern für die Öffentlich­keit oder auch für den Herrn Jesus Christus. Eine Berufung verleiht Amtswürde, nicht persönliche Würde.

Und nun ruft Gottes Wort hier uns allen zu: „Ihr sollt der Berufung würdig leben, mit der ihr berufen seid.“ Es geht hier um eine Berufung, die alle Christen betrifft. Alle Christen haben eine Beruf im ur­sprünglichen Sinn, alle Christen sind von Gott in ein Amt berufen, das seine eigene Würde hat. Diese Berufung ist unsere Taufe, das Amt aber ist das Christsein. Wir alle, die wir getauft sind, sind Christen von Beruf. Mit der Taufe hat unser berufliches Leben als Christ angefangen, so wie bei einem Pastor mit der Berufung sein Dienst in einer neuen Gemeinden beginnt. Was aber die Würde dieses Berufs ist, was das für ein großes Amt ist, das lehrt Gottes Wort an anderer Stelle: Könige und Priester sind wir, die wir mit der Taufe zum Christein berufen worden sind, Heilige und Gottes­kinder! Was für eine herrliche Würde – nicht, weil wir so gute Menschen sind, sondern weil Gott uns berufen hat.

Freilich haben wir diese Berufung nicht dazu bekommen, dass wir uns in ihrer Würde einfach nur sonnen und damit prahlen. Sie ist vielmehr mit einer Aufgabe verbunden. Gott erwartet von uns, dass wir das Amt ausfüllen, in das er uns berufen hat – wie es ja auch bei anderen Berufen der Fall ist. Darum schreibt der Apostel Paulus: „So ermahne ich euch nun, dass ihr der Berufung würdig lebt, mit der ihr berufen seid.“ Wir sollen uns also der Würde, die wir als Christen und Gottes­kinder verliehen bekommen haben, nun auch würdig erweisen. Wenn unser Beruf „Christ“ ist, dann heißt das, dass wir nun auch wie Christen leben sollen.

Wie machen wir das? Wie erweisen wir uns unseres Christen­berufs würdig? Eigentlich ist das ganz einfach: Wir tun das, was Gott von uns erwartet! Er hat uns diesen Beruf gegeben, also stehen wir in seinem Dienst und tun das, was er will. Was ist das aber? Da gibt es natürlich die Zehn Gebote, aber die stecken nur einen groben Rahmen ab; innerhalb dieses Rahmens haben wir große Freiheiten, unser Leben zu ge­stalten.Was also genau soll ein Christ machen, wie soll er leben? Eigentlich ist auch diese Frage ganz einfach zu be­antworten. Gott erwartet keine großen oder un­gewöhnlichen Leistungen von uns, sondern er erwartet, dass wir in Liebe und Treue leben, und zwar an der Stelle, wo er uns hingestellt hat: in der Familie, in der Gemeinde, in der Gesell­schaft; mit den Gaben und Aufgaben, die er uns gegeben hat. In Liebe und Treue – das sind die Hauptsäulen des Christen­berufs. In Liebe – also so, dass unser Verhalten stets dem Mitmenschen dient und Gott erfreut, wie Jesus das vorgelebt hat. Das sieht natürlich bei den ver­schiedenen Menschen sehr unter­schiedlich aus, je nach den Lebens­umständen. Der Apostel Paulus gibt im folgenden Vers darum auch nur einige allgemeine Stichworte mit auf den Weg, die im Umfeld von Liebe stehen: Demut, Sanftmut, Geduld; eigentlich alles nichts Besonders. Ein Chef erwartet von seinen An­gestellten keine über­raschenden Sonder­leistungen, sondern nur dies, dass sie treu dienen, dass sie zuverlässig ihren Job machen. Nicht anders ist das bei Gott. Zur Liebe tritt also die Treue. Darum: Füllt nur treu euren Platz aus, an den Gott euch gestellt hat, dann erfüllt ihr damit zugleich euren Christen­beruf. Seid treu als Ehemänner oder Ehefrauen, als Väter oder Mütter oder Kinder, als Angestellte oder Unter­nehmer, als Gemeinde­glieder, als Staats­bürger oder was auch immer euer Platz in der Gesell­schaft ist. Gott erwartet nichts Großes von euch, nur Treue und Liebe. Wenn ihr so lebt, dann lebt ihr eurer Berufung würdig; dann lebst ihr als Christen.

Lebst du denn so? Wirst du deiner Berufung gerecht? Ich selbst ertappe mich immer wieder dabei, dass ich diese einfache und eigentlich selbst­verständ­liche Aufgabe nicht bewältige. Dass es mir an Liebe fehlt. Oder dass ich Pflichten versäume. Im Klartext: Ich verhalte mich eines Christen unwürdig; ich werde meinem Beruf nicht gerecht. (Das gilt in meinem per­sönlichen Fall darüber hinaus auch noch oft genug im Blick auf den besonderen Ruf als Pastor.) Was bedeutet das, wenn ich merke: Ich lebe nicht würdig der Berufung? Heißt das, dass ich gefeuert werde, weil ich die Erwartungen nicht erfülle? Im Erwerbs­leben ist das ja so: Wenn ein An­gestellter die Erwartungen seines Dienstherrn nicht erfüllt, kann er entlassen werden. Könnte mich Gott also enttäuscht aus der Taufgnade entlassen, weil ich seinen Erwartungen nicht gerecht werde?

Gottes Antwort ist klar und eindeutig: Nein, niemals will ich dich entlassen! Niemals kündige ich dir meine Barmherzigkeit auf, meinen Gnadenbund, den ich in der Taufe mit dir geschlossen habe! Diese göttliche Zusage zieht sich bei allen Zorn- und Straf­gerichten wie ein roter Faden durch die Bibel und durchs Christen­leben. Bei Gott ist es anders als in der Welt: Ich muss mir bei ihm nichts verdienen; auch wenn ich versage, bleibt er mir treu und steht zu seiner Berufung. Ich bin und bleibe nicht deshalb Christ, weil ich wie ein Christ lebe oder mich wenigstens darum bemühe, sondern deshalb, weil Gott mich durch Jesus Christus erlöst und mit der Taufe in dieses Amt berufen hat. Nur eine Möglichkeit gäbe es, dieses Amt zu verlieren, und das wäre, wenn ich es von mir aus aufkündigte und sagte: Ich will kein Christ mehr sein. Dann nämlich würde ich aufhören zu glauben, und dann verlöre ich das ewige Leben, und es bliebe am Ende nur die Verdammnis. Davor bewahre Gott uns alle!

Großartig! Wir haben einen wunderbaren Beruf, einen unkündbaren Job für alle Ewigkeit: Wir sind Christen. Weil das so ist, wollen wir uns zu Herzen nehmen, was uns Gott durch den Apostel Paulus aufträgt: „So ermahne ich euch nun, dass ihr der Berufung würdig lebt, mit der ihr berufen seid.“ Würdig – in Liebe und Treue. Amen.

Diese Predigt wurde erstmals gehalten im Jahre 2008.

Autor: Pastor Matthias Krieser

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