Mit dem Ziel im Blick den richtigen Weg finden

Predigt über Apostelgeschichte 17,30b‑34a zur Konfirmation

Liebe Konfirmanden, liebe Brüder und Schwestern in Christus!

Als ich ein Junge war, lehrte mich mein Vater, im Wald mit Karte und Kompass den richtigen Weg zu finden. Ich lernte, mit dem Kompass die Marsch­richtung zu peilen und mir dabei einen markanten Punkt am Horizont zu merken, zum Beispiel einen großen Baum. Den musste ich dann beim Weitergehen im Auge behalten. Dieses Prinzip hilft immer wieder im Leben, auch im über­tragenen Sinn. Ihr Konfir­manden habt euch zielstrebig auf die Konfir­manden­prüfung und dann auf die Konfir­mation vor­bereitet. Mit der Konfir­mation als Zielpunkt im Blick seid ihr fast zwei Jahre lang wöchentlich zum Konfir­manden­unterricht gekommen, auch wenn ihr wahr­scheinlich manchmal angenehmere Montag­nachmittags­beschäfti­gungen zur Auswahl gehabt habt. Ihr Konfirmanden­eltern habt eurerseits auch den Zielpunkt Konfir­mation ins Auge genommen; der Countdown lief schon seit Wochen und Monaten, damit alles gut vorbereitet werden konnte, um dieses Fest gebührend zu feiern. Ja, ziel­strebiges Handeln ist wichtig und lohnt sich.

Was für einzelne Etappen auf dem Lebensweg gilt, das gilt auch für den Lebensweg insgesamt: Es lohnt sich, das Ziel im Auge zu behalten, und es ist auch wichtig. Das Ziel fürs gesamte Leben hat der Apostel Paulus in seiner berühmten Predigt in Athen so formuliert: „Gott hat einen Tag fest­gesetzt, an dem er den Erdkreis richten will mit Gerechtig­keit.“ Das hat er nicht nur einmal gepredigt, sondern immer wieder. Das hat nicht nur er gepredigt, sondern alle Apostel haben im Namen Gottes so gelehrt. Das ist nicht nur die Botschaft des Neuen Testaments, sondern die der ganzen Bibel; Paulus hat sie hier so formuliert, wie sie schon im Alten Testament in drei ver­schiedenen Psalmen vorkommt. Das Ziel unseres Lebens ist Gottes Gerichtstag am Ende der Zeit; das Jüngste Gericht am Jüngsten Tag! Das Leben im christ­lichen Glauben ist also kein spiri­tuelles Wellness-Programm, um etwas angenehmer durchs Leben zu kommen, sondern es ist eine ziel­strebige Wanderung auf Gottes großen Tag hin. Derselbe Apostel Paulus hat in einem seiner Briefe un­missverständ­lich ge­schrieben: „Hoffen wir allein in diesem Leben auf Christus, so sind wir die elendesten aller Menschen“ (1. Kor. 15,19). Das ist keine Vertröstung aufs Jenseits, denn wie gesagt: Wer das Ziel im Blick hat, findet jetzt schon den richtigen Weg, wer aber ziellos ist, der verirrt sich. Darum fordert Gott alle Menschen auf, das Ziel immer wieder neu in den Blick zu nehmen, sich darauf zu besinnen, nötigen­falls umzudenken, „Buße zu tun“, wie es in der Paulus­predigt heißt: „Gott gebietet den Menschen, dass alle an allen Enden Buße tun.“

Ihr, liebe Konfir­manden, habt gründlich gelernt, was es heißt, zielstrebig auf Gottes Gerichtstag hinzuleben. Das Wesentliche ist am Schluss der sogenannten Areopag-Rede des Apostels Paulus, die wir hier betrachten, zusammen­gefasst: „Gott hat einen Tag fest­gesetzt, an dem er den Erdkreis richten will mit Gerechtig­keit durch einen Mann, den er dazu bestimmt hat, und hat jedermann den Glauben angeboten, indem er ihn von den Toten auferweckt hat.“ Diesen Mann habt ihr kennen­gelernt, den wahren Menschen und wahren Gott Jesus Christus. Von seinem Tod und seiner Auf­erstehung habt ihr gehört und davon, was das für euch bedeutet. Ihr habt gelernt, dass dieser Mann in göttlicher Herrlich­keit sichtbar wieder­kommen wird am Ende der Zeit und dass der Vater im Himmel ihm sein endgültiges Gericht übertragen hat. Ihr wisst, was das bedeutet: Mit Jesus habt ihr keinen strengen und un­barmherzigen Richter, sondern einen liebevollen und barm­herzigen Richter. Wenn Paulus verkündigt, dass Gott „jedermann Glauben angeboten hat“ durch Jesus, dann ist damit genau genommen die Glaubens­gerechtig­keit gemeint, also die Tatsache, dass ein Mensch allein wegen seines Vertrauens auf den Opfertod Jesu Christi einen Freispruch im Gericht erwarten darf. Wer getauft ist und an Jesus als seinen Heiland glaubt, der weiß: All der Mist, den ich im Leben verzapft habe, alle Lieb­losigkeit, alle Un­wahrhaftig­keit, alle Faulheit, aller Egoismus, alle Angeberei, alle Habgier und was da sonst noch an Sünde ist in meinem Leben, das wird mir Gott in seinem Gericht nicht mehr anklagend vorhalten, denn das ist schon längst bezahlt durch Jesu Tod am Kreuz, das ist ausgelöscht und ausradiert in meinem Schulden­konto bei Gott, das ist vergeben. Von dieser Glaubens­gerechtig­keit habt ihr, liebe Konfir­manden, ausführlich gehört und gelernt. Heute bezeugt ihr öffentlich vor Gott und der Gemeinde, dass dies euer Glaube ist und bleiben soll. Gut so! Denn das bedeutet ja: Ihr könnt mit Zuversicht auf den großen Tag zugehen, an dem Jesus wiederkommt und an dem alle Welt gerichtet wird. Dass ihr aber mit Zuversicht auf diesen Tag zugehen könnt, das macht euch heute schon froh und gewiss.

Bedeutet diese Glaubens­gerechtig­keit nun aber, dass wir es nicht so genau nehmen müssen mit Gottes Geboten und mit einem gott­gefälligen Leben? Mancher hat die Recht­fertigung des Sünders derart miss­verstanden. Ihr Konfir­manden aber habt außer von der Recht­fertigung auch von der Heiligung gehört. Ihr wisst: Wer glaubt, der vertraut nicht nur darauf, dass er in Gottes Gericht ungeschoren davon kommt, sondern der vertraut auch darauf, dass seine Gebote für unser Leben gut sind. Außerdem empfängt er die Kraft des Heiligen Geistes, die ihn fähig macht, heilig zu leben – also so zu leben, wie Gott es will. Da sollen wir nun keineswegs nachlässig sein, sondern dieses Vorhaben mit größtem Eifer angehen. Auch wenn uns Lüge, Diebstahl, Unzucht und das Fernbleiben vom Gottes­dienst um Christi willen vergeben werden können, wollen wir trotzdem alles daran setzen, das achte, siebte, sechste und dritte Gebot gewissen­haft zu halten, dazu auch die anderen Gebote, und vor allem das Liebes­gebot. Wir sollen uns so ernsthaft um ein heiliges Leben bemühen, als käme es am Gerichtstag immer noch darauf an, mit unserem Verhalten vor Gott zu bestehen – so ein­dringlich legt es uns die Bibel an anderer Stelle ans Herz. Auch in dieser Hinsicht wollen wir zielstrebig auf Gottes Gerichtstag hinleben – im steten Bemühen um ein solches Verhalten, wie wir es am Jüngsten Tag vor Gottes Gericht ver­antworten können. Wir sehen also: Der Blick nach vorn aufs Ziel prägt unser Christen­leben nicht nur für unsere Glaubens­zuversicht im Bereich der Recht­fertigung, sondern auch für unseren Glaubens­gehorsam im Bereich der Heiligung.

Als Paulus mit seiner Predigt fertig war, fand er nicht viel Zustimmung. Einige lachten ihn aus, andere winkten müde ab und meinten, man könne sich ja ein andermal weiter darüber unter­halten. Mit der Auf­erstehung der Toten konnten die meisten nichts anfangen, daher glaubten sie auch nicht an Gottes Gericht. Es ist dieselbe Situation, in der wir heute stehen: Viele Menschen meinen, wer tot ist, werde nicht wieder lebendig. Sie rechnen nicht damit, dass sie sich einmal vor Gottes Gericht werden ver­antworten müssen, und deshalb ist ihnen das Evangelium von Jesus Christus ziemlich gleich­gültig. Manch einer versucht vielleicht noch aus Tradition, den christ­lichen Glauben umzudeuten als eine spirituelle Lebens­hilfe, aber die Zukunft nach dem Tod, das Wieder­kommen Jesu und das Jüngste Gericht werden aus­geblendet. Diese Menschen haben das Ziel aus den Augen verloren und sagen dann vielleicht: „Der Weg ist das Ziel“ – eines der be­liebtesten neu­deutschen Sprich­wörter. Aber dieses Sprichwort ist falsch, jedenfalls im Blick auf den Lebensweg. Es entspricht nicht dem Wort Gottes. Nicht der Weg ist das Ziel, sondern das Ziel ist das Ziel, und der einzig richtige Weg ist der Weg, der dieses Ziel im Blick hat: Das Wieder­kommen unseres Herrn Jesus Christus zum Gericht und sein Freispruch, der allen Glaubenden das Tor zur ewigen Seligkeit öffnet.

Ein paar Menschen haben der Predigt des Paulus Glauben geschenkt. Sie hielten sich zu ihm, hörten mehr von Gottes Wort und lebten künftig als Christen. Es waren Dionysius, Damaris und einige andere. Es ist meine Hoffnung, dass wir das ent­scheidende Stück der Paulus­predigt auch heute wieder nicht ganz vergeblich gehört haben, sondern dass ein paar Menschen desto gewisser unter Gottes Wort weiter­gehen: Ihr Konfir­manden und einige andere. Behaltet nur das Ziel im Auge, nämlich Gottes Gericht und was es von euch fordert und wie ihr vor ihm bestehen könnt! Wenn ihr mit diesem Ziel im Auge weitergeht auf eurem Lebensweg, kann ich euch nicht ver­sprechen, dass es ein leichter Weg werden wird, und ich kann euch auch nicht vorher­sagen, wie merkwürdig ver­schlungen er sein wird. Aber eines kann ich euch versprechen und vorher­sagen, weil Gott es selbst es verspricht und vorhersagt: Es wird ein guter Weg sein, Jesus Christus wird mitgehen, und das Ziel am Ende des Weges wird herrlicher sein, als sich das irgend­jemand jetzt ausmalen kann. Amen.

Diese Predigt wurde erstmals gehalten im Jahre 2008.

Autor: Pastor Matthias Krieser

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