Ostern und die Frauen

Predigt über Lukas 24,9‑12 zum Ostersonntag

Liebe Brüder und Schwestern in Christus!

Zu Ostern loben wir unseren auf­erstandenen Herrn Jesus Christus und den Vater im Himmel, der ihn von den Toten auferweckt hat. Gleich danach will ich zu Ostern die Frauen loben, denn sie gehen mit der Oster­botschaft viel besser um als die Männer, geradezu vorbild­lich. Ich meine damit nicht nur Maria Magdalena, Johanna, die Jakobus-Mutter Maria und die anderen Frauen, die am Auf­erstehungs­tag frühmorgens zu Jesu Grab gegangen sind. Ich meine alle christ­lichen Frauen auch heute noch, die aufs Ganze gesehen in der Kirche aktiver sind als die Männer, dazu be­geisterungs­fähiger, mitteilungs­freudiger und treuer. Wer in Deutschland an irgendeinem Gottes­dienst teilnimmt, kann fest­stellen, dass meistens wesentlich mehr Frauen anwesend sind als Männer. Dasselbe kann man in den U. S. A. erleben, auch in Botswana, und, so nehme ich an, in vielen anderen Ländern. Frauen gehen mit der Oster­botschaft und mit dem auf­erstandenen Herrn Jesus Christus besser um als Männer. Darum ein dreifaches Hoch den Frauen: Sie sind erstens aktiv, zweitens mitteilungs­freudig, drittens treu im Reich Gottes. Das wollen wir jetzt näher betrachten am Vorbild der Frauen, die vom leeren Grab Jesu zurück­kehrten.

Erstes Hoch: Die Frauen sind aktiv. Auch in schweren Zeiten lassen sie sich nicht entmutigen, sondern von der Liebe zu Jesus in Bewegung setzen. Schon am Karfreitag haben viele Frauen den schweren Gang nach Golgatha nicht gescheut: Sie waren dabei, als ihr geliebter Herr und Heiland starb. Was die männlichen Jünger betrifft, so wissen wir nur von Johannes, dass er die Kreuzigung miterlebt hat. Auch am Auf­erstehungs­tag waren die Frauen aktiver: Die beiden Marias, Johanna und einige andere Jüngerinnen machten sich frühmorgens auf. Sie nahmen Salben mit und andere schöne Dinge, um das Werk zu vollenden, das am Freitag­abend wegen des bevor­stehenden Feiertags nur notdürftig durch­geführt werden konnte: Die Ein­balsamierung des Leichnams Jesu. Die Aussicht, dass ein großer Stein die Grabeshöhle ver­schließt, machte den Frauen zwar einige Sorge, aber sie kehrten deswegen nicht gleich wieder um. Aktiv gingen sie die Sache an und hofften, dass sich schon irgendeine Lösung finden würde. Unterdessen saßen die männlichen Jünger verängstigt hinter ver­schlossenen Türen und trauerten besseren Zeiten nach – wenn sie nicht gar noch im Bett lagen und schliefen. Die Situation ähnelt be­ängstigend einem Sonntag­morgen in heutiger Zeit, wo viele Frauen sich aktiv aufmachen, um ihrem Herrn Jesus in der Kirche zu begegnen – viele Frauen, aber wenig Männer. Gott belohnt die Frauen am Auf­erstehungs­tag damit, dass sie die herrliche Nachricht als erste hören dürfen: Jesus lebt, er ist auf­erstanden von den Toten! Er hat den Tod besiegt! Am leeren Grab, am weg­gewälzten Stein begegnete den Frauen ein Engel Gottes, teilte ihnen die frohe Botschaft mit und beauftragte sie, diese Neuigkeit den männliche Jüngern zu über­bringen.

Nun ist es allerdings nicht so, dass die Frauen gleich begeistert und fröhlich waren. In der heutigen Evangeliums­lesung haben wir gehört, dass sie zunächst verängstigt waren – so ver­ängstigt, dass sie be­schlossen, niemandem etwas zu sagen. Die Auf­erstehungs­botschaft allein weckt offenbar noch keine Osterfreude und noch keinen Oster­glauben, wie ja auch heute noch die Nachricht vom lebendigen Herrn Jesus Christus viele nicht vom Hocker reißt. Was bei den Frauen die ent­scheidende Wende bewirkt hat, das hat der Evangelist Matthäus auf­geschrieben: Auf dem Rückweg vom Grab begegnete der Auf­erstandene den Frauen persönlich, und da glaubten sie, da wurden sie von Freude erfüllt, da bekamen sie Mut, den Auftrag des Engels auszu­führen. Wir sehen: Noch einmal belohnt Gott die Früh­aufsteherin­nen und lässt sie als erste den auf­erstandenen Herrn sehen. Und wer dem Herrn Jesus Christus persönlich begegnet, dessen Angst und Trauer werden in Freude verwandelt – das ist bis heute so geblieben.

Das zweite Hoch gebührt den Frauen dafür, dass sie so mitteilungs­freudig sind. Sie rannten jetzt den Jüngern die Bude ein und berichteten aufgeregt von ihren Erleb­nissen: Jesus lebt! Der Herr ist auf­erstanden! Das Grab ist leer! Wir haben einen Engel gesehen! Wir haben Jesus selbst gesehen! Er ist wahrhaftig auf­erstanden! Und was machten die Männer, diese Esel? Sie glaubten den Frauen kein Wort. Sie dachten, die spinnen. „Es erschienen ihnen diese Worte, als wär's Geschwätz“, so übersetzte Martin Luther. Man kann auch sagen: Sie hielten die Worte der Frauen für dummes Zeug, für Quatsch. Gerade sie hätten es doch besser wissen müssen, diese elf Jünger, die jahrelang mit Jesus zusammen waren. Mehr als einmal hatte er ihnen voraus­gesagt, dass er sterben und nach drei Tagen wieder auferstehen würde. Aber sie waren wie vernagelt. Später hat Jesus ihnen dafür ganz schön Kopf gewaschen, als er ihnen dann selbst begegnete. „Toren“ nannte er sie da, und sprach von „trägen Herzen“ – zu träge zum Glauben! Ja, diese dummen Jünger: träge waren sie, unflexibel. Sie hatten sich so in ihre Hoffnungs­losigkeit hinein­getrauert, dass die Auf­erstehungs­botschaft sie da nicht heraus­reißen konnte. Sie machten sich nicht mal die Mühe, den Worten der Frauen näher auf den Grund zu gehen. Nur zwei von ihnen rafften sich auf und gingen zum Grab, Petrus und Johannes. Sie fanden es leer, wie die Frauen gesagt haben. Aber noch immer fiel bei Petrus, dem Oberjünger, nicht der Groschen; er wunderte sich und grübelte und war ratlos – das ist alles, was wir von ihm hören.

Noch heute kann man erleben, dass Christinnen im Durch­schnitt mitteilungs­freudiger sind als Christen. Wir Männer sollten das keineswegs als weibliche Schwatz­haftigkeit belächeln oder gar verachten, sondern uns lieber eine Scheibe von ihnen ab­schneiden. Denn der auf­erstandene Herr Jesus Christus braucht viele mitteilungs­freudige Leute. Die frohe Botschaft vom Sieg des Herrn über Sünde und Tod muss unter die Leute. Alle sollen es hören, dass unser Herr lebt und dass wir durch ihn auch leben sollen, sogar ewig leben. Wenn wir doch nur die Zähne auseinander kriegten und mehr über unseren Glauben reden würden! Stattdessen ist es noch heute so, dass Männer weniger bekennen und mehr zweifeln.

In unserer Oster­geschichte steht nun allerdings nichts davon, dass die Frauen sich durch den Zweifel der Männer entmutigen ließen; sie ließen sich nicht ihre Freude am auf­erstandenen Herrn trüben. Vielmehr blieben sie bei ihrer Freude und bei ihrem Glauben. Darum jetzt das dritte Hoch auf die Frauen dafür, dass sie treu sind. Sie halten Jesus die Treue, auch wenn es Gegenwind gibt. Ach, wenn wir heutigen Jünger doch auch so wären, männliche wie weibliche! Wenn wir uns doch nicht davon entmutigen ließen, dass nur wenige Menschen unserem christ­lichen Zeugnis Glauben schenken! Wenn wir uns doch nicht von der Jesus­nachfolge abschrecken ließen, weil so manches in der Kirche schief läuft, weil wir da auch heute unter denen, die sich Christen nennen, so viel Herzens­trägheit antreffen! Jesus treu sein, dem Evangelium treu bleiben – darauf kommt es an, gerade in einer Zeit, wo die Menschen scharen­weise vom christ­lichen Glauben abfallen.

Wir haben gesehen: Die Frauen vom Ostermorgen wie auch viele Christinnen unserer Zeit geben uns ein gutes Vorbild darin, dass sie aktiv sind, mitteilungs­freudig und treu. Aktiv, mitteilungs­freudig, treu – wenn wir die Anfangs­buchstaben dieser drei Wörter hinter­einander lesen, dann kommt dabei das Wort „Amt“ heraus. Mit diesem Stichwort tritt eine Frage in den Raum, die vielleicht der eine oder die andere sich unausge­sprochen schon vorher gestellt hat: Wieso hat der auf­erstandene Christus das Apostelamt dann nicht den Frauen übertragen, sondern den Männern? Wieso hat er nicht den beiden Marias, Johanna und den anderen Frauen gesagt: „Ihr sollt meine Zeugen sein“, sondern den elf ver­ängstigten Männern mit dem trägen Herzen? Und wieso halten wir es in unserer Kirche so, wie es in vielen anderen Kirchen auch immer noch Brauch ist und wie es bis vor kurzem in fast allen christ­lichen Kirchen der Brauch war: dass nämlich nur Männer Pastoren werden, nicht aber die aktiven, mitteilungs­freudigen und treuen Frauen? Sind die nicht ebenso geeignet dafür, oder vielleicht sogar noch viel geeigneter?

Nirgendwo in der Bibel wird behauptet, dass Männer für das Amt besser geeignet sind als Frauen, und ohne den Heiligen Geist sind sowieso alle Menschen völlig ungeeignet dafür, sowohl Männer als auch Frauen. Es geht bei der Frage nach dem geistlichen Amt nicht in erster Linie um die Eignung, sondern um Gottes Willen und Gebot. Und da will Gott eben, dass Männer dieses Amt ausrichten und nicht Frauen, und deshalb hat er den elf männlichen Jüngern den Ver­kündigungs­auftrag für alle Völker gegeben, nicht den Frauen, die als erste am leeren Grab waren. Das bedeutet keineswegs, dass die aktiven, mitteilungs­freudigen und treuen Christinnen ihre Gaben brach liegen lassen sollen, im Gegenteil: Sie sind mitgemeint, sie sind mit aufgerufen zum Zeugen­dienst für den lebendigen Herrn Jesus Christus; und wie arm wäre die Kirche, wenn sie's nicht tun würden! Aber beim geistlichen Amt geht es um den Hirten­dienst, das Weideamt, die Ver­antwortung für die Herde Gottes in dem einen von Christus gestifteten Leitungsamt der Kirche. Das sollen nur Männer innehaben nach Gottes Willen. Genauso, wie die Ehemänner und Familien­väter nach Gottes Willen „Haupt“ sein sollen, also gewisser­maßen die Kapitäne auf dem Familien­schiff, so sollen die Pastoren „Kapitäne“ sein auf dem Gemeinde­schiff – selbst­verständlich streng weisungs­gebunden und verantwort­lich dem Erzhirten Jesus Christus. Da soll sich in der Kirche wie in der Familie ein Stück Schöpfungs­ordnung wieder­spiegeln in der Zuordnung von Mann und Frau. Und wer die Bibel und ihren Urheber ein wenig kennt, der weiß, dass das keineswegs eine Herabsetzung der Frau bedeutet.

Jetzt könnte natürlich noch immer jemand fragen: Ja aber warum denn, wenn doch die Frauen in der Kirche im Durchschnitt aktiver sind, mitteilungs­freudiger und treuer? Ich will eine Antwort wagen, die so nicht in der Bibel steht, die mir aber nahe zu liegen scheint: Wenn die Frauen im Glaubens­leben und im Zeugnis gewisser­maßen das stärkere Geschlecht sind, dann will Gott seine Kirche bewusst durch das schwächere Geschlecht leiten lassen, in diesem Fall das männliche Geschlecht, nach dem Grundsatz: „Meine Kraft ist in den Schwachen mächtig“ (2. Kor. 12,9). Wenn die Kirche von Männer geleitet wird mit all ihrer Trägherzig­keit, Ver­schlossen­heit und Skepsis und wenn sie dabei trotzdem nicht untergeht, dann wird daran deutlich, dass Gott selbst seine Kirche weidet durch den Heiligen Geist. Ich selbst stelle mich aus­drücklich auch unter diese gewagte Begründung. Ich habe mich schon manchmal in meinem Leben gefragt, warum Gott aus­gerechnet mich als Pastor berufen hat, fast gegen meinen Willen, denn ich hatte anfangs wenig Lust und Neigung zu diesem Beruf. Und es hat sich dann immer die folgende Antwort auf­gedrängt: Darum, weil ich ein schlechter Predigt­hörer bin! Jawohl, ich bringe es kaum jemals fertig, einer Predigt von Anfang bis Ende aufmerksam zuzuhören. Da hat Gott mich ins Pastorenamt gerufen und mir damit gewisser­maßen gesagt: Wenn du so schlecht zuhören kannst, dann setz dich hin, steck deine Nase in die Bibel und mach dir deine Predigten selbst! Tja, und so ist es nun: Ich stehe selbst auf der Kanzel und verkündige, dass Jesus lebt, und wir durch ihn. Amen.

Diese Predigt wurde erstmals gehalten im Jahre 2008.

Autor: Pastor Matthias Krieser

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