Gesetz und Evangelium

Predigt über Markus 2,21 zum 2. Sonntag nach Epiphanias

Liebe Brüder und Schwestern in Christus!

Wenn ein Mensch sonntags in die Kirche gehen könnte, und er und tut's nicht, dann entheiligt er den Feiertag, dann übertritt er das 3. Gebot, dann sündigt er. Ihm ist dann seine Bequem­lichkeit wichtiger als Gottes Ehre und wichtiger als die Gemein­schaft mit Gottes Familie, der Kirche. Gottes Gesetz sagt klar: „Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben von ganzem Herzen, von ganzer Seele, von ganzem Gemüt und von allen deinen Kräften“ (Markus 12,30). Wer's nicht tut, der hat sein Recht auf Leben verwirkt. Gott ist streng und gerecht; er straft jeden Ungehorsam. Oder wenn ein Mensch von einem anderen in einer Notlage um Hilfe gebeten wird, und er hilft ihm nicht, dann handelt er lieblos und un­barmherzig. Dann sündigt er. Dann ist ihm seine eigene Bequem­lichkeit wichtiger als das Wohlergehen seines Nächsten. Gottes Gesetz sagt klar: „Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst“ (Markus 12,31). Wer's nicht tut, der hat sein Recht auf Leben verwirkt. Gott ist streng und gerecht; er straft jeden Ungehorsam. Ja, Gott meint es ernst mit seinem Gesetz, todernst. Das Gesetz ist die Haupt­botschaft des Alten Testaments. Das Gesetz steht im Mittelpunkt des sogenannten alten Bundes, den Gott mit Israel geschlossen hat. Und am Beispiel der Geschichte Israels erkennen wir, dass Gott die Übertretung seines Gesetzes hart straft. Gott lässt sich nicht zum Narren halten; sein Gesetz gilt, auch heute noch.

Lieber Christ, du erschrickst bei diesem Gedanken? Das ist gut so, das ist ein heilsames Er­schrecken. Denn es macht dich bereit für die andere Botschaft, die Gott neben das Gesetz gestellt hat: das Evangelium, die gute Nachricht von Jesus Christus. Es ist die Botschaft des neuen Bundes, die Haupt­botschaft des Neuen Testaments. Diese Botschaft sagt dir: Die Todes­strafe, die du mit all deinen Sünden verdient hast, die ist schon voll­streckt. Jesus hat sie stell­vertretend für dich auf sich genommen, am Kreuz. Gott wirft dir nichts mehr vor, Gott ist nicht mehr zornig auf dich. Durch Jesus bist du heilig und gerecht geworden; du stehst rein da vor Gott wie einer, der nie jemals gesündigt hat. Selbst die größten Gemein­heiten und schlimmsten Verbrechen vergibt Gott in Jesus Christus. Ja, selbst wenn ein so böser und grausamer Mensch wie Adolf Hitler in den letzten Minuten seines Lebens noch zu Jesus geschrien und ihn um Vergebung gebeten hätte, dann wäre auch er noch ganz rein und heilig geworden, dann hätte er selig werden können.

Beides ist Gottes heiliges Wort: die Botschaft des Gesetzes und die Botschaft des Evan­geliums. Beides finden wir in der Heiligen Schrift, beides müssen wir ganz ernst nehmen. Beides muss ich als Prediger der Kirche ver­kündigen, die Botschaft des alten Bundes und die Botschaft des neuen Bundes, Gesetz und Evangelium. Und beides dürfen wir nicht vermischen, das Gesetz nicht mit dem Evangelium, das Alte nicht mit dem Neuen. Ich darf nicht sagen: „Nimm's nicht so ernst mit Gottes Geboten, er ist ja eh barmherzig und macht dich selig!“ Ich darf auch nicht sagen: „Gib dir mehr Mühe mit dem Kirchgang und mit der Nächsten­liebe, sonst wirst du nicht selig!“ Gesetz und Evangelium müssen wir fein säuberlich auseinander­halten, sonst stimmt unser ganzer Glaube nicht, und unsere Ver­kündigung wäre eine elende und nutzlose Flickerei.

Genau das meinte Jesus mit dem Bild vom geflickten Gewand: „Niemand flickt einen Lappen von neuem Tuch auf ein altes Kleid; sonst reißt der neue Lappen vom alten ab, und der Riss wird ärger.“ Stoffe waren damals kostbar, denn alles war handgewebt; darum trug man die Sachen lange. Nach Jahren geschah es dann, dass der Stoff dünn und fadenscheinig war. Ja, und wenn dann eine Stelle ganz durch­gewetzt war, dann setzte man einen Flicken drauf, damit das Gewand noch eine Weile hielt. Diesen Flicken nahm man natürlich nicht von einem wertvollen neuen Stoffstück, sondern von Lumpen, die in der Qualität zum ab­getragenen Gewand passten. Der alte Flicken war obendrein haltbarer, denn ein neues Stoffstück zog sich bei Feuchtig­keit zusammen und führte dazu, dass der Flicken bald wieder abriss.

Wer Gottes altes Gesetz mit Hinweis auf die Barmherzig­keit des neuen Bundes abschwächen will, der handelt so töricht wie einer, der ein altes Gewand mit einem neuen Flicken repapiert. Wer Gottes bedingungs­lose Liebe, die mit Jesus im neuen Bund erschienen ist, vom Gebots­gehorsam oder vom guten Willen des Menschen abhängig machen will, der handelt ebenso töricht. Gesetz und Evangelium, Altes und Neues je für sich genommen, das ist richtig, das ist wichtig, aber unvermischt müssen die beiden bleiben. Martin Luther schrieb: „Es ist nötig, dass die beiden Botschaften richtig voneinander unter­schieden werden. Denn das Gesetz hat seine eigene Zweck­bestimmung bis auf Christus hin. Es soll alle, die nicht zur Umkehr bereit sind, mit Gottes Zorn und Ungnade er­schrecken. Auch das Evangelium hat seine eigene Zweck­bestimmung und Aufgabe, es soll nämlich den betrübten Gewissen die Vergebung der Sünden zusprechen. Beides darf nicht miteinander vermischt oder gegen­einander aus­getauscht werden, sonst wird Gottes Lehre verfälscht. Denn Gesetz und Evangelium sind wohl beide Gottes Wort, sagen aber je für sich etwas anderes.“ Amen.

Diese Predigt wurde erstmals gehalten im Jahre 2007.

Autor: Pastor Matthias Krieser

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