Gottes großer Reformationstag

Predigt über Jesaja 65,17‑19 zum Kirchweihfest

Liebe Brüder und Schwestern in Christus!

Heute an unserem Kirchweih­fest denken wir daran, wie diese schöne Kirche genau gestern vor 123 Jahren eingeweiht wurde. Es war ein großer Freudentag. Die Gemeinde lobte Gott dafür, dass man nach langem, mühevollen Suchen ein passendes Grundstück in Fürsten­walde gefunden hatte. Man war von Dankbarkeit erfüllt, dass Gott die Herzen und Hände vieler Geber geöffnet, dem Architekten Weisheit für einen herrlichen Entwurf gegeben und die Ausführung des Baus bis zur Vollendung gesegnet hatte. Und auch Gott freute sich an diesem Tag über seine Gemeinde, wie er sich immer über Lob und Ehre seiner Kinder freut.

Als vor 13 Jahre dann das 110. Kirchweih­jubliäum hier begangen wurde, hatte die Gemeinde wieder Anlass zu großer Freude: Gerade war eine umfang­reiche Sanierung und Renovierung von Kirche und Pfarrhaus ab­geschlossen worden, von der neuen Zentral­heizung mit Gasöfen im Keller bis hin zu neu vergoldeten Kreuzen auf den Giebel­türmchen. Wieder lobte und dankte die Gemeinde Gott dafür, dass die großen finanziel­len Mittel gefunden und die Arbeiten gut vollendet werden konnten. Und wieder freute sich Gott an diesem Tag über seine Gemeinde, wie er sich immer über Lob und Ehre seiner Kinder freut.

Auch heute, am 123. Gedenktag der Kirchweihe, loben und danken wir Gott dafür, dass er uns dieses schönes Gotteshaus geschenkt, durch zwei schwere Kriege hindurch erhalten und durch die Sanierung nach der Wende herrlich erneuert hat. Ebenso danken wir Gott für die hinter uns liegenden Bibel­abende, wo er durch sein Wort zu uns gesprochen und uns manche Einsichten zum Thema „Reformen“ geschenkt hat. Wir haben erkannt, dass Reformen auf manchen Gebieten nötig und hilfreich sind, dass wir als Christen aber wenig Einfluss auf große politische Reform­projekte ausüben können. Schon eher haben wir die Möglich­keit, im persön­lichen Leben und in unserem nächsten Umfeld Dinge zum Positiven zu verändern, und wir sind vor allem zur täglichen Herzens­reform auf­gefordert, zur Besinnung über unser eigenes Leben und zu Kurs­korrekturen nach Gottes Willen. Freilich schaffen wir nicht einmal das aus eigener Kraft, sondern sind auf Gottes Hilfe angewiesen – ebenso wie auch der Kirchbau vor 123 Jahren und die Renovierung vor 13 Jahren nicht ohne Gottes Hilfe gelingen konnte. Und wenn ich hier von Gottes Hilfe rede, dann meine ich damit nicht, dass Gott mensch­liches Tun beim Renovieren und Reformieren durch seinen Beitrag nur ergänzen musste; etwa unter dem Motto: 90 Prozent schaffen wir alleine, die fehlenden zehn Prozent müssen von Gott kommen. Nein, wir haben am Reformations­tag gesungen: „Mit unsrer Macht ist nichts getan, wir sind gar bald verloren“, und haben das hoffentlich auch so gemeint. Ohne Gottes Hilfe würde uns nicht mal ein Prozent guter Projekte gelingen; Gott muss ganz und gar helfen, auch wenn er diese Hilfe dann durch Menschen geschehen lässt, durch uns und andere.

Freilich hat sich Gott noch ein anderes großes Reform­projekt vor­genommen, das er ohne Menschen durchführen wird. Davon hat er bereits durch den Propheten Jesaja gesprochen; das ist unser heutiger Predigt­text: „Siehe, ich will einen neuen Himmel und eine neue Erde schaffen.“ Das wird Gottes großer Reformations­tag sein, wenn die alte Welt mit Sünde und Leid vergeht und Gottes neue Welt entsteht. Immer wieder haben sich Menschen gefragt, wie das denn zu verstehen sei: Wird Gott unsere alte Welt ganz und gar vernichten und etwas völlig Neues schaffen – so, wie man eine baufällige Kirche abreißen und ein ganz modernes Gottshaus an seine Stelle setzen kann? Oder wird Gott unsere alte Welt gewisser­maßen „sanieren“ – so, wie man unser schönes Gotteshaus hier renoviert hat, sodass es in neuem Glanz erstrahlt? Ich kann dazu nur sagen: Lassen wir uns über­raschen! Diese Frage ist ebenso müßig wie die Frage, die die Korinther dem Apostel Paulus schon vor zweitausend Jahren gestellt haben: „Was werden wir denn bei der Auf­erstehung für einen Körper haben?“ Paulus konnte da nur in Bildern andeuten, dass der Auf­erstehungs­leib ganz anders sein wird, als wir uns das vorstellen können; er wird eine nie gesehene Herrlich­keit haben (1. Kor. 15). So wird es auch mit Gottes neuem Himmel und Gottes neuer Erde sein, die er schaffen wird. Wie das dann genau aussehen wird, das braucht uns nicht zu kümmern, denn bei dieser Reformation wird sich Gott nicht der Menschen als Werkzeug bedienen. Wir können uns aber jetzt schon vor allem darauf freuen, dass alles Herunter­gekommene und Schmutzige aus dieser Welt dann so fern liegen wird, dass es uns überhaupt nicht mehr in den Sinn kommt. „Man wird der vorigen Welt nicht mehr gedenken und sie nicht mehr zu Herzen nehmen“, verheißt Gott.

Von einigen heim­gekehrten Bundeswehr­soldaten aus Afghanistan ist bekannt, dass sie die Gefechte und das menschliche Elend an ihrem Einsatzort nicht verkraftet haben; auch wenn sie jetzt weit weg sind und ganz etwas anderes machen, werden sie die schlimmen Bilder nicht los. Sie träumen davon; sie können nicht wieder zu un­beschwerter Lebens­freude zurück­finden. Fachleute sagen: Sie sind traumati­siert. Das Schöne an Gottes neuer Welt wird sein, dass wir unsere Traumati­sierungen aus diesem Leben dorthin nicht mitnehmen werden. Im Himmel wird ein seliges Vergessen herrschen in Bezug auf alles, was uns im Leben belastet, gequält, geschmerzt und traurig gemacht hat. „Man wird der vorigen Welt nicht mehr gedenken und sie nicht mehr zu Herzen nehmen“, sagt Gott. Und darum wird im Himmel auch wirklich ungetrübte Freude herrschen, Lob, Dank und Jubel, wie es ebenfalls bei Jsaja heißt: „Freuet euch und seid fröhlich immerdar über das, was ich schaffe. Denn siehe, ich will Jerusalem zur Wonne machen und sein Volk zur Freude.“ Ja, und auch Gott selbst wird sich an diesem Tag über seine Gemeinde freuen, wie er sich immer über Lob und Ehre seiner Kinder freut. Er spricht: „Ich will fröhlich sein über Jerusalem und mich freuen über mein Volk.“

Liebe Brüder und Schwestern in Christus, wir haben heute am Kirchweih­fest rück­blickende Freude im Blick auf den Bau und die Sanierung unserer schönen Kirche, sozusagen Nach-Freude. Das Wort Gottes, das wir eben bedacht haben, weckt Vorfreude auf Gottes großen Reformations­tag, wo er alles neu machen wird. Wir sind also unterwegs zwischen Vorfreude und Nachfreude. In dieser Freude wollen wir immer wieder aus der erneuernden Kraft des Evangeliums leben, wollen immer wieder neu zu Gott umkehren und die Aufgaben angreifen, die er uns vor die Füße legt, in Liebe und Wahrhaftig­keit. Dabei wollen wir freilich nicht vergessen, dass es alles Gottes Geschenk ist, zu hundert Prozent: Das Kirch­gebäude, das er unserer Gemeinde geschenkt hat, das neue Herz, das er uns mit der Vergebung der Sünden immer wieder durch Jesus Christus schenkt, und die neue Welt, die er einst allen Gläubigen an seinem großen Reformations­tag schenken wird. Da wird dann ewige Freude sein: Bei uns über Gott, bei Gott über uns, und bei allen Engeln im Himmel. Amen.

Diese Predigt wurde erstmals gehalten im Jahre 2006.

Autor: Pastor Matthias Krieser

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