Gott, der Schöpfer und Erhalter

Predigt über Psalm 104 zum Erntedankfest

Verlesener Predigttext: Psam 104,24

Liebe Brüder und Schwestern in Christus!

Wir glauben und bekennen, dass Gott der allmächtige Schöpfer der Welt ist. Damit bekennen wir nicht nur, dass er einst, vor langer Zeit, die Welt geschaffen hat, sondern damit bekennen wir auch, dass er sich heute noch um die Welt kümmert, dass er sie heute noch bewahrt und erhält. Gott gleicht einem Gärtner: Er hat den schönen Garten der Schöpfung nicht nur genial angelegt, sondern er pflegt ihn auch treu, er wässert, düngt, jätet und pflanzt neu an. Sichtbares Zeichen dafür sind die Früchte und Nahrungs­mittel, die wir täglich aus Gottes Hand nehmen dürfen und für die wir heute, am Erntedank­fest, dem Schöpfer ganz besonders danken.

Nicht nur für bunte Äpfel und große Kürbisse können wir Gott danken, sondern auch für die un­scheinbaren Dinge der Schöpfung, die wir kaum beachten und die doch ungeheuer wichtig sind. Zum Beispiel für einen Schluck Wasser. Lasst uns jetzt einmal mit dem 104. Psalm darüber nachdenken, was ein Schluck Wasser in Gottes Schöpfung so alles erlebt.

Ein Schluck Wasser ist uralt, so alt wie die Welt. Wir haben heute noch dasselbe Wasser, das Gott am Anfang geschaffen hat. Damals bedeckte es die Erde als ein einziges riesiges Weltmeer. Und in diesem Meer schuf der Herr eine atemberaubend große und schöne Vielfalt an Leben, die wir noch heute bewundern können und die uns ja auch teilweise zur Nahrung dient. Niemand kann erklären, warum bunte Fische gerade diese tollen Leucht­farben und Muster haben, niemand kann erklären, welchem Zweck all die Glitzer­punkte und Streifen dienen; dieses Spiel an Farben und Formen zeugt einfach von Gottes Fantasie. Wir lesen im Psalm: „Da ist das Meer, das so groß und weit ist, da wimmelt's ohne Zahl, große und kleine Tiere… da sind große Fische, die du gemacht hast, damit zu spielen.“ Aber Gott wollte nicht nur ein Meer auf unserer Erde habe, er wollte auch trockenes Land schaffen. Im Psalm heißt es: „Mit Fluten decktest du das Erdreich wie mit einem Kleide, und die Wasser standen über den Bergen. Aber vor deinem Schelten flohen sie, vor deinem Donner fuhren sie dahin. Die Berge stiegen hoch empor, und die Täler senkten sich herunter zum Ort, den du ihnen gegründet hast.“ So schuf Gott das trockene Land, die Inseln und Kontinente im Weltenmeer. Er schuf das Land, auf dem die Menschen seither ihre Ernte einbringen. Danke, Herr, für Meer und Land!

Der Schluck Wasser bleibt nicht ständig im Meer. Auf der Meeres­oberfläche verdunstet er, steigt auf und wird Teil einer Wolke. Dies geschieht durch die Kraft der Sonne. Dann schickt Gott die Wolken auf Reisen durch Winde, die er wehen lässt. Es heißt im Psalm: „Du machst Winde zu deinen Boten.“ Das sind Zusammen­hänge, die man heute natur­wissen­schaftlich genau erforscht hat. Aber je mehr man von diesen Dingen weiß, desto mehr muss man staunen über die göttliche Weisheit, die dahinter steckt. So wissen wir heute zum Beispiel, dass die Winde nicht nur durch warme und kalte Klimazonen ihre Richtung erhalten, sondern auch durch die Coriolis-Kraft, die aus der Drehung der Erde kommt. Natur­wissen­schaftler können freilich nichts anderes tun als ungefähr zu be­schreiben, nach welcher Ordnung Gott die Winde wehen lässt und die Welt erhält. Wie das Wetter dann wirklich wird, das bestimmt Gott als Herr der Welt allein. So kann auch der klügste Meteorologe nicht voraus­sagen, in welchen Formen die Wolken heute nachmittag über unseren Köpfen dahin ziehen werden. Vielleicht wird Gott heute nachmittag einige Wolken so formen, dass sie aussehen wie ein Wagen, und er erinnert uns damit an das schöne Psalmwort: „Du fährst auf den Wolken wie auf einem Wagen und kommst daher auf den Fittichen des Windes.“ Gott ist es auch, der bestimmt, wann das Wasser aus der Wolke wieder zur Erde herabfallen soll. Im Psalm heißt es: „Du feuchtest die Berge von oben her.“ So bewirkt Gott, dass unser Schluck Wasser aus dem Meer aufs trockene Land kommt und dadurch Pflanzen wachsen, den Tieren und uns Menschen zu Nahrung. Danke, Herr, für Sonne, Wolken, Wind und Regen!

Aber da gibt es nicht nur Regen – Gottes Schöpfung ist nicht langweilig, sondern Gott hat für unseren Schluck Wasser eine wundervolle Vielfalt parat, wie er aus der Wolke fallen kann: als Schnee, Hagel, Graupel oder Nebel. Da nieselt es oder da schüttet es; da kommt ein Schauer oder ein Dauerregen. Am Boden angekommen, wird unserem Schluck Wasser dann ein bestimmter Weg unter Millionen von Möglich­keiten gewiesen: Er kann von einer Pflanze direkt aufgesogen werden, er kann sich in einem See oder einem Tümpel wieder­finden, er kann dort im Winter zu Eis erstarren, er kann durchs Erdreich ins Grundwasser sinken, er kann als Quelle wieder aus dem Erdreich hervor­treten und dann lange Reisen antreten durch Bäche, Flüsse, Seen und Ströme bis wieder zurück ins Meer. Im Psalm heißt es: „Du lässest Wasser in den Tälern quellen, dass sie zwischen den Bergen dahin­fließen.“ So gelangt das Wasser an alle Orte der Erde, ermöglicht Wachstum und Leben. So lebt der Grashalm, so lebt der Baum, so wächst die Pflaume, so wächst die Kartoffel, so trinken die Vögel und die Löwen, so finden auch wir Menschen Speise und Trank. Wir lesen im Psalm: „Du lässt Gras wachsen für das Vieh und Saat zu Nutz den Menschen, dass du Brot aus der Erde hervor­bringst, dass der Wein erfreue des Menschen Herz und sein Antlizt schön werde vom Öl und das Brot des Menschen Herz stärke. Die Bäume des Herrn stehen voll Saft, die Zedern des Libanon, die er gepflanzt hat. Dort nisten die Vögel, und die Reiher wohnen in den Wipfeln.“ Ja, nicht nur zur Nahrung lässt Gott die Pflanzen wachsen, sondern auch als Schutz und Wohnung für die Tiere. Und auch wir Menschen haben von der Ernte aus Gottes Schöpfung viel mehr als nur unsere täglichen Mahlzeiten: Mit dem Holz der Bäume können wir uns Häuser und Möbel bauen; mit der Wolle von den Schafen oder von den Baumwoll­feldern wird Kleidung her­gestellt. Danke, Gott, für Pflanzen und Tiere, für Speise und Trank, für Kleidung und Wohnung!

Der Schluck Wasser im gott­gewollten Kreislauf der Schöpfung erhält alles Leben; Gott beschenkt uns auf diese Weise wunderbar und reichlich. Und er hat noch andere Kreisläufe geschaffen, mit denen er seine Schöpfung erhält und segnet. Im Psalm heißt es: „Du hast den Mond gemacht, das Jahr danach zu teilen; die Sonne weiß ihren Niedergang. Du machst Finsternis, dass es Nacht wird; da regen sich alle wilden Tiere, die jungen Löwen, die da brüllen nach Raub und ihre Speise suchen vor Gott. Wenn aber die Sonne aufgeht, heben sie sich davon und legen sich in ihre Höhlen. So geht dann der Mensch aus an seine Arbeit und an sein Werk bis an den Abend.“ Tag und Nacht haben ihren Segen für alle Geschöpfe, auch Monate und Jahre sind Gottes gute Er­findungen, geschaffen durch die Kreis­bewegungen im System von Sonne, Erde und Mond. Auch hier gilt: Je mehr die Astronomen entdecken, desto mehr gibt zu bestaunen an Gottes Schöpfung! Zum Beispiel die Tatsache, dass die Erdachse etwas schief steht auf der Bahnebene um die Sonne. Nur weil Gott die Erdachse etwas schief gemacht hat, gibt es unsere Jahres­zeiten. Nur deshalb sind im Sommer die Tage länger und im Winter kürzer. Nur deshalb ist es mal warm und mal kalt bei uns; nur deshalb gibt es Zeiten der Blüte, der Früchte und der kahlen Zweige; nur deshalb feiern wir genau einmal im Jahr Ernte­dank­fest! So schafft Gott immer wieder neues Leben, überzieht die Erde in jedem Frühjahr neu mit einem grünen Kleid, gibt im Sommer und Herbst stets neue Früchte. Auch lässt Gott immer wieder neu Tiere geboren werden und heran­wachsen, schenkt auch immer wieder neue Gene­rationen von Menschen. Es heißt im Psalm: „Du sendest aus deinen Odem, so werden sie geschaffen, und du machst neu die Gestalt der Erde.“ Danke, Gott, für Tage und Jahre, für Jahres­zeiten und neues Leben!

Aber der Psalm verschweigt auch nicht den Zorn des Schöpfers: „Verbirgst du dein Angesicht, so erschrecken sie; nimmst du weg ihren Odem, so vergehen sie wie Staub.“ Das macht unsere Sünde, unsere Auflehnung gegen Gott, dass wir vor Gott auch erschrecken müssen – besonders immer dann, wenn er uns seine Gaben ab und zu vorenthält und wenn er Leben wegnimmt von der Erde. Klar und nüchtern heißt es gegen Ende des Psalms: „Die Sünder sollen ein Ende nehmen auf Erden und die Gottlosen nicht mehr sein.“ Liebe Brüder und Schwestern, kein Mensch hat das Leben und Gottes Gaben verdient. Wenn wir Erntedank­fest feiern, dann bedanken wir uns für unverdiente Geschenke!

Das größte Geschenk Gottes aber zeigt sich nicht im Schmuck der Blumen und der Früchte, sondern das sehen wir mitten auf dem Altar: Gottes Sohn Jesus Christus hat unsere Sünde auf sich genommen, damit wir nicht endgültig an ihr zugrunde gehen müssen. Wenn wir zu ihm gehören, dann dürfen wir hoffen: Wir kommen einmal in Gottes ganz und gar eneuerte Welt, wo es Sünde, Krankheit, Leid und Tod nicht mehr geben wird. Dort werden wir dann für immer mit Freude Wasser schöpfen aus Gottes Heils­brunnen, so hat er selbst es versprochen (Jesaja 12,3). Und wenn wir Gott für alle seine guten Gaben in der heutigen Welt loben danken, dann mischt sich dahinein auch immer Lob und Dank für seine ewige Erlösungs­tat durch Jesus Christus. Durch ihn wissen wir, dass Gottes Liebe und das Leben das letzte Wort behalten werden, nicht Gottes Zorn und sein Tod. Und so stimmen wir doppelt dankbar ein in den Schluss des Psalms, der da lautet: „Lobe den Herrn, meine Seele! Halleluja!“ Amen.

Diese Predigt wurde erstmals gehalten im Jahre 2006.

Autor: Pastor Matthias Krieser

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