Der Weg der Lüge und der Weg der Wahrheit

Predigt über 1. Johannes 1,7b‑9 zum 3. Sonntag nach Trinitatis

Liebe Brüder und Schwestern in Christus!

Nehmen wir alle schlechten Nachrichten und tun sie in einen großen Sack: die schlechten Nachrichten in den Medien und auch die schlechten Nachrichten im per­sönlichen Leben. Legen wir diesen großen, prall gefüllten Sack in die eine Schale einer Balken­waage. Und dann nehmen wir die eine Gute Nachricht, die beste Nachricht, das Evangelium von Jesus Christus. Wir legen es in die andere Schale der Balkenwaage und sehen: Der Balken schwingt herum, die eine gute Nachricht wiegt schwerer als alle schlechten Nach­richten. Es ist die wunderbare Nachricht, die der Apostel Johannes ganz schlicht in die Worte gekleidet hat: „Das Blut des Gottes­sohnes Jesus Christus macht uns rein von aller Sünde.“

Im Blut ist das Leben, im Blut ist die „Seele“, wie es im Alten Testament heißt. Wenn Jesus für uns sein Blut vergossen hat, dann bedeutet dies, dass er sein Leben für uns hingegeben hat. Er gab es als ein Reinigungs­opfer dahin, ein Schuldopfer für die Sünden aller Menschen. Und so können durch Jesus alle Menschen ihre Sünden­schuld bei Gott loswerden. „Gottes Gnad' und Jesu Blut / machen allen Schaden gut.“ Wirklich allen Schaden, denn mit unserer Sünde wird jeder Schaden dieser Welt von der Wurzel her aus­gerottet. Gottes Gute Nachricht vom Blut Jesu wiegt schwerer als alle schlechten Nachrichen zusammen.

Freilich stellt diese Gute Nachricht den Menschen vor eine Weg­gabelung. Zwei Wege tun sich auf: der Weg der Lüge und der Weg der Wahrheit. Der Apostel Johannes hat in den beiden folgenden Versen diese beiden Wege mit zwei Wenn-Sätzen be­schrieben. Der Weg der Lüge: „Wenn wir sagen, wir haben keine Sünde, so betrügen wir uns selbst, und die Wahrheit ist nicht in uns.“ Der Weg der Wahrheit: „Wenn wir unsre Sünde bekennen, so ist er treu und gerecht, dass er uns die Sünden vergibt und reinigt uns von aller Un­gerechtig­keit.“

Was diese Weggabelung bedeutet, das möchte ich mit einem kleinen Gleichnis vertiefen. Eine Frau geht zum Arzt. Der stellt fest, dass sie Brustkrebs hat. Offen sagt er ihr die Diagnose. Wie reagiert die Frau darauf? Sie steht vor einer Weg­gabelung, sie kann den Weg der Lüge oder den Weg der Wahrheit gehen. Der Weg der Lüge, das hieße, dass sie die Diagnose nicht wahrhaben will. Krebs – das ist für sie so ein ent­setzlicher Gedanke, dass sie sich weigert, sich mit dieser Krankheit auseinander­zusetzen. Sie verdrängt die Diagnose; sie tut so, als sei sie gesund. Wir wissen, dass dieser Weg der Lüge tödlich endet. Der andere Weg ist der Weg der Wahrheit. Die Frau kann der un­angenehmen Warheit ins Auge sehen. Sie kann zum Arzt sagen: „Ich habe also Krebs. Was kann ich tun, was raten Sie mir?“ Der Arzt würde dann eine Operation vor­schlagen. Er würde der Frau Mut machen. Er würde ihr sagen, wenn der Krebs so früh erkannt wird wie bei ihr, dann bestehen große Heilungs­chancen. Der Weg der Wahrheit rettet die Frau vor dem Krebstod, sie wird geheilt.

„Wenn wir sagen, wir haben keine Sünde, so betrügen wir uns selbst, und die Wahrheit ist nicht in uns. Wenn wir aber unsre Sünde bekennen, so ist er treu und gerecht, dass er uns die Sünden vergibt und reinigt uns von aller Ungerechtigkeit.“ Den Weg der Lüge gehen heute viele Menschen: Sünde sehen sie immer nur bei den anderen, nie bei sich selbst. Immer haben nur die anderen Schuld. Auch ist es heute üblich geworden, Sünde klein zu reden. Wenn einer wirklich mal unter einem schlechten Gewissen leidet, weil er etwas aus­gefressen hat, und er sucht Trost bei einem Freund, dann kann es geschehen, dass ihm der Freund sagt: „So schlimm ist das doch nicht. Das kann doch jedem passieren.“ Dabei ist Sünde immer schlimm, dieser Wahrheit sollten wir ins Auge sehen. Wer seine Sünde leugnet oder klein redet, der wird am Jüngsten Tag erschreckt fest­stellen, was sich da für ein enormer Berg an Schuld in seinem Leben aufgetürmt hat. Dieser Berg wird ihm den Eingang zum Himmel verstellen. Gehen wir also lieber den Weg der Wahrheit. Prüfen wir unser Leben am Maßstab von Gottes Geboten. Geben wir offen zu, wo wir den Herrn nicht geehrt haben und wo wir lieblos gewesen sind. Bekennen wir unsere Schuld, bejahen wir Gottes Diagnose: „Es gibt keinen Menschen, der nicht sündigt“ (2. Chronik 6,36). Dann werden wir auch gern und willig die Therapie annehmen, die er uns schenkt: In der Taufe hat er unsere Sünden ab­gewaschen. Im Wort des Evangeliums spricht er uns die Vergebung zu. Im Heiligen Abendmahl empfangen wir Leib und Blut Jesu zur Vergebung unserer Sünden. So wird der Weg der Wahrheit zum Weg des Lebens. Gereinigt durch Jesu Blut, werden wir am Jüngsten Tag erfahren: Keine einzige Sünde klagt uns an, es ist alles vergeben, und der Weg zum Himmel ist frei.

Liebe Gemeinde, ich freue mich über euch. Ich freue mich, dass ihr den Weg der Wahrheit geht. Ich freue mich auch darüber, dass immer mehr Gemeinde­glieder die Beicht­andachten aufsuchen, die an manchen Sonntagen hier um halb zehn angeboten werden. Ich freue mich über alle Gemeinde­glieder, die treu und regelmäßig am Abendmahl teilnehmen und darin durch Leib und Blut Jesu die Vergebung der Sünden empfangen. Bleibt auf dem Weg der Wahrheit! Oder tretet mit neuer Freudigkeit auf den Weg der Wahrheit! Nehmt eure Sünde ernst und nehmt Gottes Hilfe an! Gott ist treu, sein Wort ist zu­verlässig, seine Gute Nachricht wiegt schwerer als unsere Schuld und alle schlechten Nachrichten der Welt: „Das Blut des Gottes­sohnes Jesus Christus macht uns rein von aller Sünde.“ Amen.

Diese Predigt wurde erstmals gehalten im Jahre 2006.

Autor: Pastor Matthias Krieser

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