Gottes Geist erneuert

Predigt über Hesekiel 36,25-27 zum Pfingstsonntag

Liebe Brüder und Schwestern in Christus!

In einem bekannten Frühlings­lied heißt es: „Alles neu macht der Mai!“ Nun haben wir zwar nicht mehr Mai, sondern schon Juni, aber wir feiern (dieses Jahr relativ spät) Pfingsten, und dieses Fest wird allerorten mit „Maien“ gefeiert, also mit Frühlings­zweigen aus­geschmückt. Pfingsten ist das Fest des Heiligen Geistes, und wir könnten abgewandelt auch singen: „Alle neu macht der Geist!“ Wie der Frühling neues, junges Leben und Wachstum in der Pflanzen­welt bringt, so bringt der Heilige Geist neues Leben und geistliches Wachstum zu den Menschen. Wie der Frühling das graue Winterkleid der Natur vetreibt und alles mit frischen, sauberen Farben heraus­putzt, so reinigt der Heilige Geist vom Schmutz vergangener Sünden und schmückt die Herzen der Menschen mit Glaube und guten Werken. Wie die Eisesstarre des Winters unter der Frühlings­sonne dahin­schmilzt und die Bäche wieder munter plätschern, so bringt Gottes Geist Bewegung in unser erstarrtes Leben, strömt als reines und lebendiges Wasser über uns. So hat Gott es bereits durch den Propheten Hesekiel an­gekündigt: „Ich will reines Wasser über euch sprengen, dass ihr rein werdet… Ich will euch ein neues Herz und einen neuen Geist in euch geben!“

Damals, beim ersten Pfingst­fest, hat der Geist das Volk Israel neu gemacht. Jesus hat den neuen Bund gestiftet, der nicht mehr unter dem Fluch des Gesetzes, sondern unter dem Segen der Sünden­vergebung steht. Menschen aus vielen Völkern hat der Heilige Geist zu dem einen Gottesvolk gesammelt, zum neuen Israel, das nicht mehr durch natürliche Abstammung definiert ist, sondern durch Taufe und Glaube, durch die Wieder­geburt aus Wasser und Heiligem Geist. Gott hat den Heiligen Geist über seine Jünger aus­gegossen; der hat viele Menschen begeistert und zur Erneuerung der Buße getrieben, und dreitausend Leute haben sich an diesem ersten Pfingsttag taufen lassen! Derselbe Geist hat auch dich und mich neu gemacht durch das Bad der Wieder­geburt. Er hat das „reine Wasser“ der Taufe über uns aus­gegossen, er hat den alten Schmutz der Sünde ab­gewaschen, er hat uns neues, ewiges Leben geschenkt, er hat uns in die Nachfolge Jesu gestellt. Er hat es nicht getan, weil wir so besonders tolle Menschen wären, sondern allein deshalb, weil er uns lieb hat und seinen herrlichen Namen auch durch dich und mich verherr­lichen möchte, durch dein Leben und durch mein Leben.Wir sind grünende, blühende, gesunde und wachsende Bäume in Gottes Garten, und der Heilige Geist ist unsere Frühlings­kraft. Ebenso wie Pfingsten erst der Anfang war der christ­lichen Kirche, so war die Taufe erst der Anfang unseres Christen­lebens. Was der Heilige Geist da bei uns angefangen hat, das setzt sich Tag für Tag fort, unser ganzes Leben lang. Ein Christen­leben ist ein ständiges Neu-Werden, Wachsen, Grünen und Reifen. Nichts bleibt beim Alten, wir sind ständig unterwegs, unterwegs auf dem Weg hinter Jesus her in den Himmel! Immer wieder wird die Sünde begraben, immer wieder wird Hausputz gehalten in unserer Seele, immer wieder stehen wir mit Jesus auf, werden mit ihm stets aufs Neue lebendig. Das ganze Christen­leben ist so ein fort­währendes Neu-Werden, eine „tägliche Buße“, wie Martin Luther am Anfang seiner 95 Thesen so treffend geschrieben hat. Es ist so wunderbar: Als Christen können wir jeden Tag neu anfangen und den Mist, den wir gestern gemacht haben, mit gutem Gewissen hinter uns lassen. Der Heilige Geist macht alles neu!

Lassen wir den Geist nur machen! Stehen wir ihm nur nicht im Wege! Ja, das Einzige, was wir als Christen falsch machen können, das ist, stehen zu bleiben, in der Sünde zu beharren, die Buße und die Erneuerung des Heiligen Geistes zu verweigern. Manche Leute, die den Heiligen Geist nicht richtig kennen, meinen ja, gerade das sei besonders fromm und christlich: konservativ sein, am Alten festhalten und jeder Neuerung gegenüber Misstrauen hegen. Das gilt zwar in Bezug auf die Lehre, da müssen wir am guten alten Evangelium der Apostel festhalten, aber das gilt nicht für unseren Lebenswandel. Lassen wir uns nicht von Äußerlich­keiten täuschen: von unserem Kirch­gebäude, das schon weit über hundert Jahre alt ist, oder von manchen Gesängen des Gottes­dienstes, die schon über ein Jahrtausend auf dem Buckel haben. Gottes Geist macht heute wieder neu, jetzt, in diesem Gottes­dienst, durch sein Wort. „Komm, Heiliger Geist, erfüll die Herzen deiner Gläubigen“ – wer von Herzen so singt und betet, der muss wissen, worauf er sich da einlässt: auf Ver­änderung! Bevor der Heilige Geist nämlich bei uns einkehrt, will er auskehren, ausfegen, allen Schmutz und alles Unreine austreiben aus unserem Leben, und wenn es auch noch so lieb­gewordene Gewohn­heiten sind. Junge Leute sind neugierig; sie lieben die Ver­änderung, sie jagen Idealen nach, sie wollen es besser machen als die Alten, sie wollen, dass sich etwas bewegt, sie wollen Leben in der Bude. Der Heilige Geist macht uns alle wieder jung in dieser Weise, auch die Älteren. Gott ist es, „der deinen Mund fröhlich macht und du wieder jung wirst wie ein Adler!“ (Psalm 103,5). Ihr älteren Christen, das ist eure Versuchung – und in dieser Hinsicht merke ich auch schon manchmal, dass ich älter werde – : dass wir dem Götzen der „guten alten Zeit“ nach­trauern, die, genau betrachtet, doch gar nicht so gut war wie in der Erinnerung. Dass wir unflexibel werden, uns nicht mehr ändern wollen und auch kein Vertrauen mehr haben in die positive Ver­änderungs­kraft des Heiligen Geistes. Gott will dich aber auch jetzt noch verändern, auch heute, auch mit dieser Predigt. Wer sich nicht mehr verändert, wer sich nicht mehr bewegt, wer nicht mehr wächst, der ist tot! Gottes Geist aber bewegt, verändert, reinigt, macht lebendig, bringt neuen Schwung in unser Leben! Er hat durch Hesekiel voraus­gesagt: „Ich will das steinerne Herz aus eurem Fleisch wegnehmen und euch ein fleischer­nes Herz geben.“ Ein steinernes Herz ist geistlicher Tod, ein fleischer­nes Herz aber lebt!

Ich meine das jetzt nicht in einem ab­gehobenen, schwärme­rischen Sinn, sondern ganz praktisch. Nehmen wir mal zum Beispiel unsere Beziehung zu den Mit­menschen. Ich denke da jetzt besonders an die Menschen, mit denen man fast täglich zusammen ist. Kennt ihr das auch, dass es da fest­gefahrene Beziehungen gibt? Fest­gefahrene Verhält­nisse von Freund und Feind, von sympathisch und un­sympathisch? Feste Cliquen und feste Vorurteile? Vekrustete Verhaltens­muster – von Mann und Frau, von Mutter und Kind, von Chef und An­gestellten? Und wie viele dieser Beziehungen sind leidvoll, von Ent­täuschungen geprägt: verkrustet, verhärtet, ver­steinert! Wenn du nun bittest: „Komm, Heiliger Geist, erfüll die Herzen deiner Gläubi­gen!“, und wenn du an seine verändernde Kraft glaubst, und wenn du seinem Wirken nicht im bockig im Weg stehst, dann wird sich da was bewegen. Du fragst wie? Nun, wie er es genau bei jedem Einzelnen anstellt, das kann ich nicht vorher­sagen, niemand kann das, denn das macht der Geist, wie er gerade will. Aber er macht es zuverlässig immer nach einem bestimmten Grund­prinzip, und das heißt Liebe. Ein steinernes Herz ist ein liebloses, kaltes Herz; ein fleischer­nes Herz aber ist von Jesu Liebe erfüllt; es ist ein lebendiges und warmes Herz, warmherzig, barmherzig. So hat Gott es ver­sprochen, so will er es machen: „Ich will das steinerne Herz aus eurem Fleisch wegnehmen und euch ein fleischer­nes Herz geben.“ So, und nur so, können dann auch die verhärteten Beziehungs­kisten neu belebt und die gegen­seitigen Verletzun­gen geheilt werden – durch Liebe, die um Verzeihung bittet und selbst bereit ist, zu vergeben, weil sie aus Christi Vergebung lebt; letztlich durch die erneuernde und reinigende Kraft des Heiligen Geist, die von Jesus Christus und Gott dem Vater herkommt.

Der Apostel Paulus hat Hesekiels Verheißung im 2. Ko­rinther­brief auf­gegriffen, als er den Christen schrieb: „Ihr seid ein Brief Christi…, geschrieben nicht mit Tinte, sondern mit dem Geist des lebendigen Gottes, nicht auf steinerne Tafeln, sondern auf fleischerne Tafeln, nämlich eure Herzen“ (2. Kor. 3,3). Wer vom Geist Gottes bewegt wird, dem merken andere das an. Er ist ein Zeuge Jesu Christi und ein lebendiger Brief, der von Gottes Liebe handelt. Das Gesetz des alten Bundes war auf steinerne Tafeln ge­schrieben, die Zehn Gebote. Sie drohtem jedem Übertreter mit Strafe. Durch Jesus Christus und das reinigende Wasser der Taufe hat diese Drohung ihre Macht über uns verloren, wir wissen uns ohne Gesetz zum ewigen Leben gerettet, allein durch den Glauben. Gerade aber dieser Glaube macht uns frei, nun freiwillig und freudig desto eifriger Gottes Gebote zu erfüllen – wie Hesekiel es voraus­gesagt hat: „Ich will meinen Geist in euch geben und will solche Leute aus euch machen, die in meinen Geboten wandeln und meine Rechte halten und danach tun.“ Hört genau hin – und freut euch: Die Erneuerung unseres Lebens durch die Liebe ist kein Kraftakt mehr, den Gott von uns als Eigen­leistung fordert, sondern sie ist Gottes Geschenk durch die verändernde Kraft des Heiligen Geistes. Dafür können wir ihn nicht genug loben und preisen! Amen.

Diese Predigt wurde erstmals gehalten im Jahre 2006.

Autor: Pastor Matthias Krieser

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