Liebe Brüder und Schwestern in Christus!
Wenn die Polizei Terroristen jagt, dann tut sie das mit besonderer Ausrüstung: Die Polizisten tragen kugelsichere Westen und halten Maschinengewehre in den Händen. Wie ein höchst gefährlicher Terrorist wurde auch Jesus gefangen genommen: Ein großer Trupp der Tempelpolizei war ausgezogen mit Schwertern, Spießen und Fackeln, um unseren Herrn festzunehmen. Was heute das Maschinengewehr ist, war damals das Schwert. Und wie heute das Maschinengewehr ein Symbol der Gewalt ist, so war damals das Schwert ein Symbol der Gewalt.
In unserer Zeit wird Gewalt als etwas Verwerfliches angesehen und von vielen grundsätzlich abgelehnt. Angesichts all der schrecklichen Gewaltbilder und Gewaltberichte, die auf uns einstürmen, ist das verständlich. Es ist kaum zu ertragen, wenn wir erfahren, was sich Menschen untereinander Schreckliches antun. Dennoch müssen wir aus Gottes Wort lernen, dass Gewalt nicht in jedem Fall böse und verwerflich ist. Es gibt auch gute und gerechtfertigte Gewalt, die von Gott gewollt, ja sogar geboten ist. Dazu gehört die Staatsgewalt, wo sie rechtmäßig ausgeübt wird. Die Obrigkeit trägt das Schwert nicht umsonst, heißt es im Römerbrief (Römer 13,4). Sie hat Gottes Auftrag, das Böse zu rächen und auf diese Weise die Schwachen zu schützen. Gäbe es diese Staatsgewalt nicht, dann würde die Bosheit Oberhand gewinnen. Würde die Polizei grundsätzlich auf Maschinengewehre verzichten, dann würde sich der Terrorismus ausbreiten wie die Pest.
Aber neben dieser guten, gottgewollten Gewaltausübung ist leider die brutale Gewalt der Bösen sehr verbreitet. Das war zu allen Zeiten so, auch schon zur Zeit des Königs David. Er wurde lange unschuldig verfolgt, bevor er König sein konnte. In einem Lied hat er darüber geklagt, im 37. Psalm: „Die Gottlosen ziehen das Schwert und spannen ihren Bogen, dass sie fällen den Elenden und Armen und morden die Frommen.“ Oft scheint es so, als hätte die böse Gewalt die Oberhand, und die Frommen und Schwachen würden stets das Nachsehen haben. War es so nicht auch bei Jesus selbst? Er, der stets friedlich und demütig war, der nur Gutes getan und geholfen hat, der zu Liebe und Gewaltlosigkeit aufgerufen hat, gerade er wird hinterlistig verfolgt und schließlich mit brutaler Gewalt, mit Schwertern festgenommen! Wo bleibt da Gottes Gerechtigkeit? Warum lässt Gott so etwas zu?
David hatte gewusst und geglaubt, dass Gott gerecht ist, und er hat es am Ende auch selbst erlebt. Wohl bemerkt, am Ende. Und diese Erfahrung gibt er im selben Psalm wieder: „Ihr Schwert wird in ihr eigenes Herz dringen und ihr Bogen wird zerbrechen.“ Gott wird die Gewalt der Bösen nicht ungestraft lassen. „Die Rache ist mein, spricht der Herr“, heißt es an anderer Stelle (Römer 12,19). Und bereits gleich nach der Sintflut kündigte Gott an, dass dessen Blut gewaltsam vergossen werden soll, der selbst Menschenblut vergießt (1. Mose 9,6). Es ist bemerkenswert, dass Jesus bei seiner Gefangennahme gerade auf dieses Bibelwort Bezug nimmt. Er sagt es aber nicht zu den Männern, die ihn gewaltsam festnehmen, sondern er sagt es zu Simon Petrus, der ihn mit dem Schwert verteiden will! Er sprach zu ihm: „Stecke dein Schwert an seinen Ort! Denn wer das Schwert nimmt, der soll durchs Schwert umkommen“ (Matth. 26,52). Gott nimmt Rache an denen, die unrechtmäßig Gewalt üben. Und wenn er es nicht in dieser Welt tut durch die Justiz einer gerechten Obrigkeit, dann wird die Übeltäter spätestens im Jüngsten Gericht ihre Strafe ereilen. Jedem wird dann nach seinem Tun vergolten. „Auge um Auge, Zahn um Zahn,“ Leben um Leben (2. Mose 21,24) – „Wer das Schwert nimmt, der soll durchs Schwert umkommen.“ – „Ihr Schwert wird in ihr eigenes Herz dringen.“
Nun hätte Jesus das aber nicht nur zu Simon Petrus sagen können in Bezug auf seinen Gewaltausbruch mit dem Schwert, sondern erst recht zu der mit Schwertern bewaffneten Tempelpolizei, die ihn unschuldig gefangen nahm. Warum ließ er sich das gefallen? Warum tat er kein Wunder? Warum offenbarte er da nicht seine göttliche Macht? Warum rief er da nicht die Engel-Legion herbei, die ihn mit Leichtigkeit befreit hätte?
Wir können allgemeiner fragen: Warum zeigt Gott seine Gerechtigkeit und seine Vergeltung nicht gleich? Warum straft Gott das Böse nicht sofort und schlägt es nieder? Warum musste David viele Jahre in schwerster Verfolgung um sein Leben bangen, ständig auf der Flucht? Warum müssen heutzutage Selbstmordattentäter unbeteiligte Menschen in den Tod reißen, darunter sogar Kinder? Warum gibt es immer noch so viele Tyrannen in der Welt und warum geht es ihnen immer noch so gut? Warum, warum, warum? Wo bleibt da Gottes Gerechtigkeit? Wo bleibt Gottes Richtschwert, dass den Bösen ihre Schwerter der Ungerechtigkeit aus der Hand schlägt?
Kehren wir zurück in den Garten Gethsemane und fragen wir noch einmal: Warum siegten da die Schwerter der Feinde Jesu? Wir wissen die Antwort: Weil es der Wille des himmlischen Vaters war. Weil Jesus leiden und sterben musste. Weil er er auf diese Weise die Welt erlösen sollte. Weil also auch diese Schwerter zu Gottes Heilsplan gehörten. Nur so konnte es geschehen, dass Gott eine größere und herrlichere Gerechtigkeit offenbarte als die Gerechtigkeit seiner vergeltenden Rache. Durch das Opfer seines Sohnes hat Gott den unseligen Zusammenhang von bösem Tun und bösem Ergehen zerschlagen. Deshalb – und nur deshalb! – brauchen auch wir selbst nicht den Tod und das Jüngste Gericht zu fürchten. Wäre Jesus nicht den schweren Weg ans Kreuz gegangen, dann wäre Gottes Gericht das Schrecklichste, was auf uns zukäme, denn dann würde uns alles Böse in unserem Leben auf den Kopf zu vergolten. Wir wären dann diejenigen, von denen es im Psalm heißt, dass ihr Schwert in ihr eigenes Herz dringen wird. Mit Jesus aber ist alles Böse getilgt und ausgelöscht. Er hat sich den Schwertern und der Gewalt seiner Feinde ausgeliefert, damit wir zuletzt nicht dem Richtschwert der Rache Gottes anheimfallen.
Im Nachhinein erkennen wir also am Weg Jesu, dass Gott aus der bösen Gewalt seiner Feinde etwas Gutes gemacht hat: die Erlösung der Welt. Und darum können wir sicher sein, dass es auch einen guten Sinn haben wird, wenn Gott noch heute viel unrechte Gewalt und Bosheit zulässt, wenn es Terrorismus und andere schlimme Dinge gibt. Gott hat Geduld, viel Geduld, auch mit den Übelsten unter unseren Zeitgenossen. Mag sein, dass sie sich noch bekehren. Wie war das mit dem römischen Hauptmann, der mit Schwert und Gewalt Jesus zur Kreuzigung geführt hat? Er hat am Ende staunend erkannt, dass dieser Gottes Sohn war.
Gottes Wege sind wunderbar. Gottes Wege führen zum Frieden. Auch wenn wir's heute nicht sehen in unserer Welt, so wollen wir's doch glauben. Und wir können es glauben, wenn wir auf Jesus sehen. Am Ende wird durch ihn alles gut. Mit ihm sind wir unterwegs in das Land, von dem die Propheten einst weissagten, dass dort alle Schwertern zu Pflugscharen werden. Amen.
PREDIGTKASTEN |