Die Weihnachtsgeschichte – ganz anders

Predigt über Offenbarung 12,1‑5 zum 1. Weihnachtsfeiertag

Liebe Festgemeinde!

Zu Weihnachten erzählt man sich viele nette, aber unwahre Ge­schichten. Vom Weihnachts­mann, der guckt, ob die Kinder artig sind. Von kleinen vorwitzigen Engelchen. Und vom Christkind, das einmal im Jahr alle Jahre wieder vom Himmel kommt, um die Menschen zu besuchen. Was aber wirklich zählt, das ist die eine wahre Geschichte von der Geburt des Gottes­sohnes, des Jesus von Nazareth. Es ist die Geschichte von der Reise nach Bethlehem, von der Geburt in einer Not­unterkunft und von den Hirten, die als erste be­nachrichtigt wurden, dass der Heiland zur Welt gekommen ist. Wir haben diese Geschichte gestern als Krippen­spiel erlebt und eben als gute Nachricht gehört, als Evangelium. Diese Geschichte ist vom Evange­listen Lukas gründlich recher­chiert und unter Leitung des Heiligen Geistes auf­geschrieben worden. Dieses Ereignis hat seinen Sitz in der Welt­geschichte; der syrische Gouverneur Quirinius bzw. Cyrenius sowie der berühmte römische Kaiser Augustus werden als Zeit­genossen Jesu benannt.

Nun hat aber das, was da vor 2000 Jahren in Bethlehem geschehen ist, für alle Menschen bis heute eine besondere Bedeutung. Es unter­scheidet sich damit von allen anderen histori­schen Ereig­nissen. Gott will allen Menschen mit der Geburt Jesu etwas zeigen. Und was er zeigen will, das enthält diese ganz anders erzählte Weihnachts­geschichte aus der Offenbarung des Johannes. Gott hat dem Apostel Johannes einen Traum geschickt, in dem er die Heilands­geburt noch einmal auf ganz andere Weise vor Augen geführt bekam. Wenn man es liest, dann denkt man eher an einen phan­tastischen Film als an Weihnach­ten. Und doch haben all die merk­würdigen Dinge, die Johannes gesehen hat, eine Bedeutung für unser Leben. Durch diesen Traum der ganz anders erlebten Weihnachts­geschichte zeigt Gott, was Weihnachten für uns zu bedeuten hat. „Es erschien ein großes Zeichen am Himmel“, schrieb Johannes, und genau das ist es: ein großes Zeichen von Gott, das uns die Bedeutung der Christ­geburt erschließt.

Da erscheint die Frau, die Gebärende. Johannes sieht sie aber nicht in ärmlichen Verhält­nissen in einem überfüllten Not­quartier, sondern er sieht sie am Himmel, mit der Sonne bekleidet, zwischen Mond und Sternen. Gott zeigt damit: Es geht hier um ein Ereignis von kosmischer Dimension. Es hat Bedeutung für Himmel und Erde, für die gesamte erschaffene Welt.

Die Frau liegt in Wehen. Sie ist eine Erst­gebärende, und die Geburt ist für sie daher sehr schmerz­haft. Johannes schreibt: „Sie schrie in Kindesnöten und hatte große Qual bei der Geburt.“ Gott zeigt damit: Der Gottessohn wird Mensch von Anfang an und in jeder Beziehung. Gott wird Leibes­frucht und kommt unter Geburts­schmerzen zur Welt. Das ist kein Theater, das ist keine Schein-Geburt eines Schein-Leibes. Im Leib der Jungfrau Maria ist vielmehr ein wirklicher Mensch heran­gereift und erblickt nun das Licht der Welt.

Dieses Kind kommt als König in die Welt. Es soll nach dem Willen des himmlischen Vaters herrschen. Es soll nicht nur über ein Volk herrschen, sondern über alle Völker. Es soll nicht nur eine Zeit lang herrschen, sondern für immer; der eiserne Stab hat diese Bedeutung. Damals hatte jeder König als Zeichen seiner Macht ein Zepter, einen Herrscherstab, abgeleitet vom Stab des Hirten. Ein hölzerner Stab wird morsch und zerbricht, ein eiserner Stab hält lange. In Ewigkeit soll Jesus König sein, so hat es sein himmlischer Vater bestimmt und hat ihm alle Macht gegeben im Himmel und auf Erden. Auch dies hat Gott dem Johannes in dieser ganz anderen Weihnachts­geschichte schon gezeigt. Johannes schreibt: „Das Kind wurde entrückt zu Gott und seinem Thron.“

Und dann sieht Johannes da auch den großen Feind, den Satan, in Gestalt eines roten Drachens. Seine Köpfe, Hörner und Kronen zeigen, dass er mächtig ist und sich zum Diktator der Welt gemacht hat. Dass mit dem Kind ein noch Mächtigerer kommt und ihn besiegen will, das macht ihn rasend vor Wut. Er setzt alles daran, um dieses Kind zu fressen, um es für immer außer Gefecht zu setzen. Und wie versucht er das? Nun, er hat es auf viele Weise versucht und versucht es auch heute noch. Ganz zu Anfang, gleich nach der Geburt Jesu, hetzte er ihm die Soldaten des Königs Herodes auf den Hals. Sie sollten alle kleinen Kinder von Bethlehem töten. Glücklicher­weise wurden Maria und Josef rechtzeitig gewarnt und konnten nach Ägypten fliehen. Johannes schreibt: „Die Frau entfloh in die Wüste, wo sie einen Ort hatte, bereitet von Gott, das sie dort ernährt werde tausend­zweihundert­sechzig Tage.“ Tausend­zweihundert­sechzig Tage – was hat das zu bedeuten? Es sind ungefähr dreieinhalb Jahre. Und heute können wir mit unserer Kenntnis der antiken Geschichte bestätigen, dass Maria in der Tat dreieinhalb Jahre lang in Ägypten blieb. Jesus ist im Jahre 7 vor Beginn unserer Zeit­rechnung geboren, das lässt sich auch mit dem Weihnachts­stern astro­nomisch berechnen. Und seine Eltern zogen zurück nach Nazareth, als der König Herodes gestorben war – das geschah nach zu­verlässigen Über­lieferungen im Jahre 4 vor Beginn der Zeit­rechnung. Dazwischen liegen eben diese dreieinhalb Jahre oder eintausend­zweihundert­sechzig Tage in Ägypten.

Danach gab Satan den Kampf gegen den Gottessohn aber keineswegs auf. Als Jesus erwachsen war, versuchte der Teufel, ihn zur Sünde zu verleiten – vergeblich. Und als der Herr sein Heilswerk vollbracht hatte, als er gestorben und wieder auf­erstanden war, da trachtete der Satan danach, die junge christliche Kirche durch schwere Leidens- und Verfolgungs­zeiten auf­zureiben. Auch versuchte Satan, die Kirche Jesu Christi von innen her zu zerstören; er zog Christen und sogar Pastoren auf seine Seite und brachte sie dazu, in Gottes Namen irgend­welche Lügen zu verbreiten. Andere verführte er zur Sünde, dass durch sie die Gemeinde Jesu in Verruf kam. Dem Apostel Johannes sind in seinen Visionen die Gemeinde­pastoren als Sterne erschienen, und ent­sprechend muss das folgende Wort gedeutet werden: „Der Schwanz des Drachen fegte den dritten Teil der Sterne des Himmels hinweg und warf sie auf die Erde.“

Soweit die Weihnachts­geschichte und ihre Folge­geschichte in der Vision des Johannes. Die Frage ist nun: Was zeigt denn dieses „große Zeichen am Himmel“ uns, der christ­lichen Gemeinde zweitausend Jahre später?

Erstens macht es uns gewiss: Jesus Christus hat wirklich alle Macht im Himmel und auf Erden; er herrscht in Ewigkeit. Wenn wir vor dem Kind in der Krippe niederknien und es anbeten, dann geben wir ihm die Ehre, die ihm in Wahrheit gebührt.

Zweitens macht es uns gewiss: Dass Gottes Sohn in unsere arme Welt kam, ist ein Ereignis von welt­umspannen­der Tragweite. Er kam, um uns zu erlösen, um uns von unserer Sünden­krankheit zu heilen und ewiges Leben zu bringen. Nichts in der ganzen Welt könnte für uns so gut und heil­bringend sein wie dieses Ereignis.

Drittens müssen wir nüchtern fest­stellen: Wir stehen in einem geistlichen Kampf. Der Teufel, der einst das neugeborene Christkind zu ver­schlingen suchte, der versucht auch dich und mich geistlich zu ver­schlingen, unseren Glauben kaputt zu machen. Er versucht es auf vielerlei Weise, auch heute noch durch viele falsche Lehren und mancherlei Skandale in der Christen­heit. Da gibt es Pastoren, die halten die Bibel für eine Art Märchen­buch. Da gibt es Priester, die Kinder sexuell miss­brauchen. Nichts ist zu schmutzig und zu nieder­trächtig, als dass es nicht auch im Raum der Kirche geschehen könnte. Keine christliche Gemeinde kann von sich behaupten, sie hätte den Atem des Bösen in ihrer Mitte noch nie gespürt. Kein Jünger Jesu kann von sich behaupten, der Satan würde bei ihm nie einen Fuß in die Herzenstür bekommen.

Weil das so ist, müssen wir desto ernsthafter Weihnachten feiern, desto genauer auf die frohe Botschaft achten, desto gewissen­hafter beten, desto fleißiger zum Abendmahl gehen, desto kindlicher glauben. Denn nur der König mit dem eisernen Zepter, nur das Kind in Windeln gewickelt und in einer Krippe liegend, kann den Drachen besiegen und hat ihn schon besiegt. Wer zu Jesus gehört und bei ihm bleibt, den kann der Drache zwar ärgern und plagen, vernichten aber kann er ihn nicht. Denn Jesus ist in die Welt gekommen, um uns ewiges Heil und ewiges Leben zu schenken. Ihm sei dafür Lob und Ehre in Ewigkeit. Amen.

Diese Predigt wurde erstmals gehalten im Jahre 2005.

Autor: Pastor Matthias Krieser

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