Allein auf Jesus Christus kommt es an

Predigt über Matthäus 10,32‑33 zum Reformationstag

Liebe Brüder und Schwestern in Christus!

Die Gemeinde­glieder, die vor zwei Wochen an unserem Wittenberg-Ausflug teil­genommen haben, können es bestätigen: In den Schau­fenstern der Martin-Luther-Stadt findet man vieles, was an den großen Reformator und sein Werk erinnert. Oft geht es allerdings nur darum, Luthers Namen gewinn­bringend für die eigene Geschäfts­idee ein­zusetzen. Da gibt es Lutherbier, Lutherbrot, Luther­kugeln, einen Schnaps namens Luther-Becher, einen Martin-Luther-Reformations­tee und vieles andere mehr.

Nun könnte man aus einer Refor­mationsfest­predigt gewisser­maßen auch so ein Luther-Schau­fenster machen und darin die vielen Dinge ausstellen, die Luther für die lutherische Kirche, für Deutschland und für die ganze Christen­heit errungen hat. Mit seinem un­erschrocke­nen Bekenntnis vor den Kirchen­fürsten des Mittel­alters hat er den Menschen an der Schwelle zur Neuzeit Mut gemacht, sich nicht länger ein­schüchtern zu lassen, sondern für Wahrheit und Freiheit ein­zutreten. Mit seiner Bibel­übersetzung hat er dem Volk einen unmittel­baren Zugang zu Gottes Wort geschaffen und dabei auch noch das Hoch­deutsche ent­scheidend geprägt. Mit seinen geistlichen Liedern und seiner deutschen Fassung der Liturgie hat er die Voraus­setzungen dafür geschaffen, dass die ganze Gemeinde fröhlich und mit Verständnis den Gottes­dienst mitfeiern kann. Mit seinen theo­logischen Werken, seinen Predigten und seinen Tischreden hat er auf vielen Gebieten der Theologie Meilen­steine gesetzt. Mit seinen Katechismen hat er den Grundstein für effektive christliche Unter­weisung gelegt. In seiner Ehe mit Katharina von Bora hat er ein Vorbild für das evan­gelische Pfarrhaus gestiftet. Man könnte noch lange fortfahren und vieles andere in dieses Schau­fenster des Luther-Gedenkens stellen. Das Haupt­anliegen Martin Luthers würde man damit freilich verfehlen, und den Hauptsinn des Reformations­festes ebenfalls.

Was war denn das Haupt­anliegen Martin Luthers, und was ist der Hauptsinn des Reformations­festes? Die Frage lässt sich mit dem Wort unseres Herrn Jesus Christus be­antworten, das wir als Predigttext gehört haben: „Wer mich bekennt vor den Menschen, den will ich auch bekennen vor meinem himmlischen Vater. Wer mich aber verleugnet vor den Menschen, den will ich auch verleugnen vor meinem himmlischen Vater.“ Dieses Wort richtet unseren Blick auf Gottes Gericht am Ende unseres Erden­lebens, am Ende der Welt. Da wird der Welten­richter Jesus Christus alle Menschen in zwei Gruppen sortieren. Zu der einen Gruppe wird er dann sagen: „Kommt her, ihr Gesegneten meines Vaters, ererbt das Reich, das euch bereitet ist von Anbeginn der Welt!“ (Matth. 25,34). Er wird sich also vor seinem himmlischen Vater zu diesen Menschen bekennen. Zu der anderen Gruppe aber wird Christus sagen: „Ich kenne euch nicht… Gehet hin von mir, ihr Ver­fluchten, in das ewige Feuer, das bereitet ist dem Teufel und seinen Engeln“ (Matth. 25,12.41). Er wird sich also vor seinem himmlischen Vater von diesen Menschen lossagen. Die wichtigste Frage für Martin Luther war nun die: Wie kann es geschehen, dass ich dann, am Gerichts­tag, zu der ersten Gruppe gehören werde? Oder mit anderen Worten: Wie kriege ich einen gnädigen Gott? Es ist die wichtigste Frage für alle Menschen auf Erden, ganz gleich, ob sie glauben und was sie glauben. Und darum tun wir gut daran, uns immer wieder auf diese eine Frage zu besinnen, zum Reformations­fest und auch sonst: Wie kriegen wir einen gnädigen Gott? Wie können wir in Gottes Gericht am Ende der Zeit bestehen? Wie kommen wir in den Himmel?

Durch fleißiges Studium der Heiligen Schrift hat Martin Luther die Antwort auf diese Frage für sich selbst herausgefunden. Später war es ihm das gößte Herzens­anliegen (wie gesagt, sein Haupt­anliegen), diese Antwort alle Menschen wissen zu lassen: Nur wer sich zum Gottessohn Jesus Christus bekennt, der kriegt einen gnädigen Gott. Nur wer an den Gottessohn Jesus Christus glaubt, der kann im letzten Gericht bestehen. Nur wer die Erlösung durch das Blut des Gottes­sohnes Jesus Christus für sich in Anspruch nimmt, hat Zugang zum himmlischen Vater und zu seinem ewigen Reich. Ich wiederhole noch einmal, was Jesus sagte: „Wer mich bekennt vor den Menschen, den will ich auch bekennen vor meinem himmlischen Vater. Wer mich aber verleugnet vor den Menschen, den will ich auch verleugnen vor meinem himmlischen Vater.“

Lasst mich das Haupt­anliegen Martin Luthers und den Hauptsinn des Reformations­festes zusammen­fassen in der Auf­forderung: Glaubt an Jesus und hört auf sein Wort! Dabei ist der Glaube nicht ein verborgenes Hoffen des Herzens, sondern er ist untrennbar mit dem offenen Bekennen verbunden. Ganz bewusst sprechen wir ja gemeinsam unser Glaubens­bekenntnis in den Gottes­diensten. Und hoffentlich wird auch in unserem Alltag deutlich, wer der Herr unseres Lebens ist. Jesus sagte: „Wer mich bekennt vor den Menschen, den will ich auch bekennen vor meinem himmlischen Vater.“ Wer den Herrn Jesus Christus lieb hat und ihm vertraut, der wird das vor anderen Menschen nicht verstecken.

Glaubt an Jesus und hört auf sein Wort! Ich sage dabei immer wieder und ganz bewusst „Jesus“. Es geht nicht um einen allgemeinen Glauben an Gott, um ein Fürwahr­halten seiner Existenz, um ein vages Hoffen auf seine Barmherzig­keit. Solchen vagen Glauben haben ja viele; es gibt kaum echte Atheisten. Und auch die Papstkirche zu Luthers Zeiten redete natürlich dauernd von Gott. Es ist aber das Verdienst Martin Luthers und der Refor­mation, gezeigt zu haben, dass dieser Gott ein mensch­liches Gesicht hat, ein liebevolles und barm­herziges Gesicht, nämlich das Gesicht des Jesus von Nazareth. Wer einen gnädigen Gott finden will, der kommt um den Mann aus Nazareth nicht herum. „Niemand kommt zum Vater denn durch mich“, das hat er selbst von sich gesagt (Joh. 14,6). An Gottes Gerichtstag hilft es niemandem, darauf hin­zuweisen, dass er an irgendein höheres Wesen geglaubt hat. Nur eines hilft dann: dass man zu Jesus gehört, dass man an ihn geglaubt hat, dass man in seinem Namen Vergebung der Sünden und damit die ewige Erlösung empfangen hat.

Glaubt an Jesus und hört auf sein Wort! Ohne Gottes Wort, ohne die Bibel wird Jesus uns freilich unbekannt bleiben. Das Wort des Evan­geliums, in der Bibel bezeugt und in der Kirche verkündigt, ist verläss­lich. Es bringt die Kunde von Christi Erlösung zu uns und schafft zugleich als wirk­kräftiges Schöpfer­wort den Glauben in unseren Herzen. Wer vor diesem Wort nicht flieht, wer seine Ohren nicht verstopft, wer mit seinen Gedanken bei der Predigt nicht abschweift, zu dem kommt der Heiland Jesus ins Herz durch dieses Wort. Darum ist auch so wichtig, dass wir dieses Wort hoch in Ehren halten und es zugleich unseren ständigen Begleiter durchs Leben sein lassen.

Glaubt an Jesus und hört auf sein Wort – damit ist das Haupt­anliegen Luthers gesagt und der Hauptsinn des Reformations­festes. „Refor­mation“ heißt wörtlich „Rück­formung“; wir können auch „Rück­besinnung“ sagen. Es geht um die Rück­besinnung auf die eine ent­scheidende Antwort bei der Frage nach dem gnädigen Gott, die eine Antwort, die schon von Propheten und Aposteln gegeben wurde und die sich bis heute nicht geändert hat. Ein Wörtlein kann Satan fällen, den altbösen Feind, den Fürst dieser Welt, ein Wörtlein kann uns den Himmel auf­schließen, und dieses Wörtlein heißt „Jesus“. Amen.

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Diese Predigt wurde erstmals gehalten im Jahre 2005.

Autor: Pastor Matthias Krieser

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