Wer Gottes Willen tut, wird selig

Predigt über Matthäus 21,28‑32 zum 11. Sonntag nach Trinitatis

Liebe Brüder und Schwestern in Christus!

Der Schrift­steller Erich Kästner reimte kurz und treffend: „Es gibt nichts Gutes, außer man tut es.“ Dieser Reim fasst die Pointe des Gleich­nisses von den zwei Söhnen zusammen, das Jesus erzählte. Beide Söhne sollen etwas tun: Sie werden von ihrem Vater auf­gefordert, im Weinberg mit­hzuhelfen. Der erste weigert sich zunächst, arbeitet dann aber doch mit. Gut so! Gut, dass er sich eines Besseren besonnen hat. Der zweite sagt zwar höflich zu, lässt sich dann aber am Arbeits­platz nicht blicken. Er tut nicht, was der Vater wollte. Schlecht! Die Zusage war nur leeres Gerede.

„Es gibt nichts Gutes, außer man tut es“ – auch heute noch lassen sich viele Beispiele dafür finden, positive und negative. Nehmen wir zum Beispiel die Politiker im Wahlkampf. Politker A verspricht weniger Arbeitslose und stabile Renten, wird gewählt, kann aber beide Versprechen nicht erfüllen. Schlecht! Er hätte den Mund nicht so voll nehmen sollen. Politiker B vespricht gar nichts, wird gewählt, senkt die Arbeitslosen­zahlen und stabili­siert die Renten. Gut so!

Nun ist das Gleichnis aber eigentlich weder für Winzer noch für Politiker gedacht, sondern für Menschen in ihrem Verhältnis zu Gott. Aber auch da gilt: „Es gibt nichts Gutes, außer man tut es.“ Jesus möchte, dass wir den Willen des himmlischen Vaters tun, und zwar aus ganzem Herzen, ohne Wenn und Aber. Wie steht es da mit dir? Sagst du nur: „Ich bin ein Christ!“, oder lebst du auch wirklich so? Hast du bei der Kon­firmation leicht­fertig ver­sprochen, dem Herrn Jesus und seiner Kirche treu zu sein, oder machst du bis heute Ernst damit? Bekennst du im Gottes­dienst nur anstands­halber mit der Gemeinde: „Ich glaube an Jesus Christus, Gottes ein­geborenen Sohn, unsern Herrn“, oder lässt du ihn wirklich deinen Herrn sein? Also: Beherrscht er dein Leben, auch Montag bis Samstag? Das ist es nämlich, was er erwartet; er hat es in der Bergpredigt un­missverständ­lich klar gemacht: „Es werden nicht alle, die zu mir sagen: Herr, Herr!, in das Himmelreich kommen, sondern die den Willen tun meines Vaters im Himmel“ (Matth. 7,21).

Wenn du jetzt im Brustton der Überzeugung „ja“ antwortest, dann, fürchte ich, ähnelst du den Pharisäern und den vornehmen jüdischen Rats­mitglie­dern, denen Jesus dieses Gleichnis vorgehalten hat. Sie waren überzeugt davon, dass ihre Frömmigkeit untadelig ist; sie hielten sich aufs Genaueste an die jüdischen Gesetzes­vorschrif­ten. Und doch verfehlten sie den Willen Gottes; Jesus hält ihnen das vor. Wer im Brustton der Überzeung sagt: „Ja, Herr, ich tue deinen Willen“, der heuchelt, der macht Gott und seinen Mitmenschen etwas vor, vielleicht sogar sich selbst. Jesus bildet solche Menschen im Gleichnis mit dem zweiten Sohn ab. Ehrerbietig und höflich sagt er zu seinem Vater: „Ja, Herr“, aber er tut nicht, was der Vater von ihm erwartet.

Und wie steht's mit dem ersten Sohn? Ist der das genaue Gegenteil vom zweiten? Ober­flächlich betrachtet schon: Er sagt nein und tut dann doch den Willen des Vaters. Aber der Unterschied geht noch weiter: Im Gegensatz zum ersten Sohn ist der zweite Sohn kein Heuchler. Vielmehr macht er eine Entwicklung durch, er ändert sich. Der zweite Sohn ist und bleibt ein Heuchler, er hatte von Anfang an nicht die Absicht, sich im Weinberg die Hände schmutzig zu machen, er wollte mit seinem ehr­erbietigen „Ja, Vater“ nur Eindruck schinden und dann seine Ruhe haben. Der erste Sohn meint es ehrlich, er sagt zunächst ganz offen: „Nein, ich will nicht.“ Keine Ausreden, keine geheuchelte Höflich­keit; er hat einfach keine Lust, er sagt „Ich will nicht“ und meint es auch so. Und dann erzählt Jesus weiter: „danach reute es ihn, und er ging hin.“ Er bekommt Gewissens­bisse. Er merkt: So darf man den Vater nicht behandeln, das hat er nicht verdient. Und so entwickelt er sich zu einem gehorsamen Sohn, der den Willen des Vaters dann auch ernsthaft und ehrlich tut.

Die Pharisäer haben es gemerkt, wir merken es, es ist ganz offensicht­lich: Dieser erste Sohn macht es richtig. Er ist ehrlich, er ist selbst­kritisch, er gesteht sein Fehl­verhalten ein und ist bereit, sich zu ändern. Und er kommt dahin, dass er den Willen des Vaters tut. „Es gibt nichts Gutes, außer man tut es.“

Was ist denn aber nun der Wille des Vaters – jetzt mal ohne Gleichnis? Welche Werke verlangt der himmlische Vater von uns? Da haben wir einmal die Antwort von Gottes Gesetz, von den Zehn Geboten. Mit dieser Auskunft werden wir allerdings immer wieder scheitern. Wer liebt schon Gott mehr als sein eigenes Leben? Wer tut schon dem Mitmenschen soviel Gutes, wie er sich selbst gönnt? Aber dann ist da noch die Antwort Jesu, die das Gesetz übertrifft, die das Gesetz erfüllt. Es ist die Antwort des Evan­geliums. Jesus sagt: „Das heißt Gottes Werk tun, dass ihr an den glaubt, den er gesandt hat“ (Joh. 6,29). An Jesus Christus glauben, auf dieses „Werk“ kommt es zuallererst an. „Werk“ in Anführungs­zeichen, denn es geht dabei ja eigentlich gar nicht um unser Tun. An Jesus glauben heißt ihm vertrauen, ihn tun lassen, sich von ihm erlösen lassen! Wenn ein Mensch seine Sünden bereut und dann meint, er könne nun aus eigener Kraft neu anfangen, die Ärmel hoch­krempeln und Gottes Gesetz erfüllen, dann liegt er falsch. Dagegen liegt der Mensch richtig, der seine Sünden bereut, auf Jesus vertraut und sich von ihm vergeben lässt. Nur die Liebe Jesu, die wir passiv empfangen, kann uns dazu befähigen, aktiv zu lieben und Gottes Willen zu tun. Gerettet werden wir also letztlich nicht durch unser Tun, sondern durch Jesu Tun; nicht durch unsere Werke, sondern durch unseren Glauben an Jesus.

„Es gibt nichts Gutes, außer man tut es“ – aber die beste Tat ist es, Jesus an sich arbeiten zu lassen, ihn tun zu lassen, ihm zu vertrauen. Und das schließt ein, dass wir zur Veränderung bereit sind wie der erste Sohn. Dass wir uns noch entwickeln können. Dass wir bereuen können, was noch nicht richtig ist in unserem Leben. Und dass wir uns von Jesus erneuern lassen. Immer wieder. Die Vergebung der Sünden, die wir von ihm empfangen, macht aus unserem Leben vor Gott wieder ein leeres Blatt, und Jesus soll es füllen. Dann wird alles richtig, dann wird alles gut. Du kannst jetzt wieder neu damit anfangen. Tu's doch! Amen.

Diese Predigt wurde erstmals gehalten im Jahre 2005.

Autor: Pastor Matthias Krieser

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