Vom Jauchzen

Predigt über Psalm 66,1‑4 zum Sonntag Jubilate

Liebe Brüder und Schwestern in Christus!

Am letzten Mittwoch habe ich die Teilnehmer unserer Bibelstunde erschreckt. Ich wollte erklären, was „jauchzen“ bedeutet. Da habe ich einfach mal laut gejauchzt, und alle sind vor Schreck zusammen­gefahren. Das tut mir leid, und darum will ich jetzt in dieser Predigt nicht mehr direkt vormachen, was „jauchzen“ ist; vielmehr will ich es erklären.

„Jauchzen“ oder „juchzen“ heißt „juch“ machen, „juchhu!“ machen, einen Freuden­schrei ausstoßen. Das Gegenteil von „jauchzen“ ist „seufzen“ oder „ächzen“: „ach“ machen, einen Klagelaut ausstoßen. Der Unterschied zwischen jauchzen und ächzen ist wie der Unterschied zwischen sich freuen und und jammern, zwischen singen und klagen, zwischen neuer Kreatur und alter Kreatur, zwischen einem Leben mit Christus und einem Leben ohne Christus. Wer mit Jesus lebt, hat allen Grund zu jauchzen, auch wenn er aus Versehen noch manchmal ächzt. Und wer ohne Jesus lebt, hat allen Grund zu ächzen, auch wenn er das gar nicht merkt und jauchzt.

„Jauch­zet!“, mit dieser Auf­forderung beginnt der 66. Psalm, unser heutiger Introitus-Psalm. Auf lateinisch heißt das „Jubi­late!“; von daher hat der heutige Sonntag seinen Namen. „Jubi­lieren“ ist dasselbe wie „jauchzen“. Fröhlich sollen wir sein und es auch andere hören lassen; ausgelassen und laut dürfen wir sein: Jauchzt! Ruft „Juchhu“! Jubiliert! Aber nicht einfach nur so, sondern in eine bestimmte Richtung: Mit Blick nach oben nämlich, mit Blick auf Gott: „Jauchzet Gott!“ heißt es im Psalm. Über Gott sollen wir uns lauthals freuen, ihm zur Ehre sollen wir jubeln und singen. Ja, das ist unsere Aufgabe, das ist unser Lebens­zweck. Und das gilt nicht nur für uns Gottes­dienst­besucher, nicht nur für uns Christen, nicht für uns Menschen, sondern für „alle Lande“, für die ganze Welt, für die ganze Schöpfung! Man kann Sinn und Aufgabe jedes einzelnen Geschöpfs nicht besser beschreiben als mit der Wendung „den Schöpfer ehren“.

Die Sonne jauchzt und ehrt den Schöpfer, wenn sie morgens aufgeht, wenn sie uns Licht gibt und wärmt. Die Wolken jauchzen und ehren den Schöpfer, wenn sie sich zu immer neuen phan­tastischen Figuren am Himmel zusammen­ballen. Die Frühlings­blumen jauchzen und ehren den Schöpfer mit ihren herrlichen Farben. Die Knospen an den Bäumen jauchzen und ehren den Schöpfer mit ihrem ersten zarten Grün. Die Vögel stehen früh auf und beginnen dem Herrn zu jauchzen mit ihrem Gesang. Auch wenn der Sturm heult und der Regen rauscht, jauchzen sie Gott. Jedes Pferd und jeder Berg, jedes Sandkorn und jeder Wurm jauchzen zu Gottes Ehre.

So sollen auch wir Menschen Gott jauchzen und zu seiner Ehre leben. Da kann einer noch so fleißig arbeiten, da kann einer noch so viel Erfolg haben im Beruf, da kann einer noch so große künstle­rische Leistungen hervor­bringen, wenn es nicht für Gott ist, dann ist es für die Katz. Wenn wir aber mit Lust und Freude unsere Arbeit angreifen, die Gott uns vor die Füße legt, dann ehren wir ihn. Wenn wir mit Geduld und heiterer Gelassen­heit ertragen, dass uns dieses fehlt und jenes plagt, dann ehren wir ihn. Wenn wir uns morgens und abends auf unseren Schöpfer besinnen und ein Loblied singen – wenigstens innerlich, im Herzen – , dann ehren wir ihn.

Und nach sechs Alltagen hat Gott uns einen Ruhetag verordnet, dass wir ihn mit besonderem Lob und Jauchzen heiligen sollen. Da lädt er uns zu seinem Fest ein, zu seinem Feiertag, da soll das Volk Gottes vor seinen König treten und ihm gemeinsam lautstark seine Reverenz erweisen. So könnten wir eigentlich jeden Sonntag einen Jauchz- und Jubeltag nennen; aber es ist schon gut, wenn wir uns das wenigstens einmal im Jahr am Jubilate-Sonntag so richtig bewusst machen. Am Sonntag in der Kirche dürfen wir mal richtig laut sein, kräftig singen und musizieren, auch kräftig unsern Glauben bekennen.

„Jauchzet Gott, alle Lande“, beginnt unser Psalm, und fordert uns dann auf, schöne Gottes­dienste zu feiern. „Lobsingt zur Ehre seines Namens; rühmet ihn herrlich!“, heißt es weiter. Und was ist sein Name? „Herr“ ist sein Name, und alle drei Personen der Drei­einigkeit tragen ihn: Gott der Vater, Gott der Sohn und Gott der Heilige Geist. Auf diesen Namen sind wir getauft, also wieder­geboren und neu geschaffen zum Lobe Gottes, errettet aus dem Verderben der Sünde. Das kommt immer wieder im Gottes­dienst vor: Wir beginnen ihn im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes, wir singen: „Ehre sei dem Vater und dem Sohne und dem Heiligen Geiste“, wir werden im Namen des dreieinigen Gottes gesegnet. Und wir bekennen unsern Glauben an den dreieinige Gott; auch dazu fordert uns der Psalm auf: „Sprecht zu Gott: Wie wunderbar sind deine Werke! Deine Feinde müssen sich beugen vor deiner großen Macht!“ Wir bekennen Gottes große Schöpfer­werke, wenn wir uns zum Vater bekennen, zum All­mächtigen, zum Schöpfer Himmels und der Erden. Wir bekennen Gottes große Heilswerke, wenn wir uns zum Sohn Jesus Christus bekennen und von seinem Leiden, Sterben und Auferstehen reden. Wir bekennen Gottes Sieg über die Feinde Tod und Teufel, wenn wir davon reden, wie der Heilige Geist in der Christen­heit Vergebung der Sünden wirkt, uns zur Auf­erstehung des Fleisches führt und ewiges Leben schenkt. „Alles Land bete dich an und lobsinge dir, lobsinge deinem Namen“, heißt es weiter. Die Anbetung der Herzen findet nicht nur Ausdruck in den Worten des Mundes, sondern auch in der Haltung des Körpers; das hebräische Wort für „anbeten“ bedeutet zugleich „nieder­fallen“, „sich nieder­werfen“. So jauchzen wir auch und loben Gott, wenn wir im Gottes­dienst nicht immer nur auf unserer Sitzfläche kleben, sondern auch mal demütig knien, auch mal zu Gottes Ehre uns erheben.

Ganz wichtig für die Ehre Gottes ist und bleibt aber der Gesang, und darum wird das noch einmal aus­drücklich wiederholt in diesem Psalm­abschnitt. Und das geht am besten gemeinsam, wenn alle fröhlich mitmachen, wenn alle tief durchatmen, den Mund weit aufmachen und auf diese Weise nicht er­schreckend, sondern schön und lieblich „juch“ machen, „juchhu“ machen und jauchzen. Das wollen wir nun tun. Amen.

Diese Predigt wurde erstmals gehalten im Jahre 2005.

Autor: Pastor Matthias Krieser

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