Leid und Nachfolge

Predigt über Lukas 12,49‑53 zum Sonntag Okuli

Liebe Brüder und Schwestern in Christus!

Manche Menschen wundern sich, warum sie leiden müssen, obwohl sie Christen sind. Mit dem Wort unsers Herrn Jesus Christus, das wir eben gehört haben, können wir ihnen antworten: Ihr müsst nicht leiden, obwohl ihr Christen seid, sondern ihr müsst leiden, weil ihr Christen seid. Zwar sangen die himmlischen Heerscharen in der Nacht der Christgeburt: „Friede auf Erden!“, der erwachsene Jesus prophezeite seinen Anhängern jedoch „Zwie­tracht“ auf Erden. „Friede auf Erden“ bedeutete ja nicht, dass mit dem Kommen des Erlösers sofort para­diesische Zustände anbrechen sollten. Jesus hat es seinen Jüngern klar gesagt: „Meint ihr, dass ich gekommen bin, Frieden zu bringen auf Erden? Ich sage: Nein, sondern Zwie­tracht.“ Jesus Nachfolgen ist kein Sonntags­spazier­gang; es bedeutet Konflikt, Kampf, Auseinander­setzung. Das ist das Kreuz der Nachfolge, das Jesus allen Gläubigen verheißen hat. Wer es nicht akzeptieren will, der kann kein Jünger Jesu sein, der kann kein Christ sein.

Was ist das nun aber für ein Konflikt, für ein Kampf und für eine Auseinander­setzung, die Jesus in die Welt gebracht hat? Was ist das für eine „Zwie­tracht“, die sogar Haus­genossen und Familien­angehörige auseinander­bringen kann?

Wir können froh und dankbar sein, dass das Kreuz der Nachfolge bei uns keine Bedrohung von Leib und Leben darstellt, wie es bei den Christen der ersten Jahr­hunderte der Fall war und wie es noch heute in manchen Ländern des Islam der Fall ist. Wir können froh und dankbar sein, dass das Kreuz der Nachfolge auch keine beruflichen und gesellschaft­lichen Nachteile mehr mit sich bringt, wie es noch vor zwanzig Jahren im Osten Deutsch­lands der Fall war. Wir sollten aber nicht so naiv sein zu meinen, das Kreuz der Nachfolge gäbe es nun nicht mehr bei uns. Schon die Schüler spüren den Konflikt, wenn ihnen in der Schule erzählt wird, die Welt habe sich in Milliarden von Jahren durch eine Verkettung von Zufällig­keiten entwickelt, während sie selbst doch dem Wort der Bibel glauben, dass Gott jedes Ding der Schöpfung nach seinem all­mächtigen Willen geschaffen hat. Wer als Christ einem Sportverein angehört, spürt den Konflikt, wenn er seinen Vereins­kameraden beibringen muss: am Sonntag Vormittag ohne mich, da gehe ich in die Kirche! Ein psychisch Kranker spürt den Konflikt, wenn in der Therapie seine Ehe als Ursache seiner Probleme benannt wird und man ihm rät, sich vom Partner zu trennen – wo Gottes Gebot doch klar sagt: „Du sollst nicht ehe­brechen.“ Jeder ehrliche Christ spürt den Konflikt, wenn er feststellen muss, dass viele Menschen es mit kleinen Lügen und Betrüge­reien scheinbar viel leichter und besser im Leben haben als er selbst. Wo Christen und Nicht­christen in einer Familie miteinander leben, wird der Konflikt auch beim besten Willen von beiden Seiten meistens irgendwie spürbar. Und schließlich tragen wir alle eine große Traurigkeit mit uns herum, die den Nicht­christen erspart bleibt: Wir sind traurig über die unzähligen Mit­menschen, die Jesus Christus ablehnen und auf dem Weg zur ewigen Verdammnis sind.

Jesus sagte: „Meint ihr, dass ich gekommen bin, Frieden zu bringen auf Erden? Ich sage: Nein, sondern Zwie­tracht.“ Diesem Wort unseres Herrn müssen wir uns nüchtern stellen und bei ehrlicher Betrachtung der Welt­geschichte auch Recht geben. Unsere Welt ist ein Schlacht­feld von Licht und Finsternis, von Gottes Reich und Satans Reich, von Jüngern Jesu und Feinden Jesu. Allerdings ein Schlacht­feld, auf dem schon jetzt feststeht, wer der Sieger ist: Jesus Christus! Der Gottessohn ist in die Welt gekommen, um den Teufel zu besiegen. Er musste dabei den härtesten Kampf bestehen, das schwerste Kreuz tragen, den bittersten Kelch trinken. Und er wusste schon von vornherein, was da auf ihn zukam. Bevor er in unserem Bibelwort vom Kreuz der Nachfolge sprach, sagte er: „Ich bin gekommen, ein Feuer anzuzünden auf Erden; was wollte ich lieber, als dass es schon brennte! Aber ich muss mich zuvor taufen lassen mit einer Taufe, und wie ist mir so bange, bis sie vollbracht ist!“ Es ist die Feuertaufe seines Leidens und Sterbens, das Feuer der göttlichen Liebe, das ihn am Kreuz verzehrte, damit wir ewig leben können.

Das Kreuz unsers Herrn Jesus Christus wurde zum Brand­zeichen für alle, die durch die Taufe seine Jünger geworden sind und ihm im Glauben nachfolgen. Das Kreuz der Nachfolge zeigt, dass wir zu Jesus Christus gehören, und kenn­zeichnet uns als Gottes Eigentum. Unsere Schuld kann uns nicht mehr vom Schöpfer trennen, denn Jesus hat sie am Kreuz gesühnt. Und in dieser Hinsicht ist ja tatsächlich mit Jesus schon jetzt Frieden auf Erden geworden – Frieden zwischen Gott und jedem Sünder, der das Opfer Jesu im Glauben annimmt.

So hat Jesus mit seinem Leiden und Sterben den Satan besiegt und die ver­gängliche Welt überwunden. Und jeder, der zu Jesus gehört, überwindet mit ihm. Zwar merken wir noch den altbösen Feind, der uns auf mancherlei Weise versucht und Zwietracht stiftet zwischen Gottes­kindern und Welt­menschen. Aber der Teufel kann uns nicht aus Gottes Hand reißen. Er kann die Jünger Jesu nicht über­wältigen, denn der Herr betet für sie und stärkt sie, dass sie das Kreuz der Nachfolge ertragen können. Und letztlich kann er die nicht vernichten, denen das ewige Leben bereits geschenkt ist. Nehmen wir also getrost und gelassen unser Kreuz auf uns, was auch immer uns infolge unseres Christseins an Leid und Konflikten begegnet. Wir wissen ja: Wie der Herr selbst nach Kreuz und Feuertaufe zur Herrlich­keit der Auf­erstehung durch­gedrungen ist, so wird es auch bei uns sein. Amen.

Diese Predigt wurde erstmals gehalten im Jahre 2005.

Autor: Pastor Matthias Krieser

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